Die Referentin #41 - Aktuelle Beiträge

Erschöpfung/Leere vs. Hoffnung/Neubeginn

The Slow Dude | Kolumnen, 26. August 2025
Die Referentin #41

Wenn der Dude die zentralräumlichen Leit- und Leidmedien konsumiert, wird eines manifest: Die Gastronomie steckt in der Krise. Und in was für einer. Die einen unken: „Selbstverschuldet. Wucherer“, die anderen dozieren immer noch: „Post­Corona. Die Leute gehen nicht mehr fort“. Und für die ganz verpeilten Zeitgenoss:innen ist der Grund für die Gastro-Krise eine Mischung aus Arbeitsunwillen der Generation-Z, aus woken Ernährungsgewohnheiten und EU-Bevormundung.
Egal, ob Landgasthaus, Beisl, Lokal mit internationaler Küche oder klassisches Wirtshaus – alle kämpfen mit Personalsorgen, allgemeiner Teuerung und Konsumverzicht der Bevölkerung.

Der Slowdude möchte einen Denkanstoß geben und je ein Beispiel für Hoffnung und für Leere bringen.

Das Beispiel für Hoffnung:

Das Tramway im Stockhof. Ein echtes Eckwirtshaus im Linzer Stockhofviertel, das die Versorgung für Bewohner:innen und Arbeitspendler:innen des Viertels von Montag bis Freitag grandios übernimmt. Geboten wird österreichisch-böhmische Küche auf einer angenehm zusammengeräumten Karte – immer ein Indiz dafür, dass frisch gekocht wird.
Besondere Empfehlung: der Schweinsbraten mit Sauerkraut und Knödel und das hausgemachte Gulasch. Klassiker, bodenständig umgesetzt und eine nette Mann- und Frauschaft sorgen für einen gemütlichen Aufenthalt. Einzige Warnung: Bargeld einstecken – keine Kartenzahlung möglich.
Hier wurde vieles gelernt bzw. beachtet. Der Dude möchte nicht das ausgewrungene Zitat mit „Tradition von Feuer und Asche“ usw. bemühen, aber: Es muss nicht alles neu sein, damit es Freude macht, schmeckt und gefällt. 
Schönes Linz.

Das Beispiel für die Leere:

„Under the Bridge“. Wenn schon der Projekttitel einen Depri-Song der Red Hot Chili Peppers zum Vorbild hat, sei es dem Dude verziehen, folgenden Songtitel zu zitieren: „Oops – I (they) did it again“ – nach der S(ch)andburg (Copyright: Prof. Helmuth Gsöllpointer) auf der Linzer Donauseite hat es die Stadt wieder geschafft, ein Retortenkonzept halbherzig hinzupfuschen. Street Credibility möchten die Macher mit einem verloren positionierten Autowrack und einem Ambiente- bzw. Setdesign wie Berlin Kreuzberg aus dem Jahre 2000, bei Temu bestellt, erreichen. Hier wurde nichts gelernt. Und das „Gastroangebot“ – wobei rund um die Eröffnung bei jeder Gelegenheit fast schon penetrant „Kein Konsumzwang“ erwähnt wurde – ist laffes Streetfood-Getue unter Red-Bull-Einfluss. Und: ein Projekt, das Jugendkultur und moderne urbane Vibes evozieren soll, mit dem Titel „Under the Bridge“ zu versehen und den popkulturellen Bezug damit ad absurdum zu führen, ist, als ob man einen Bootsverleih Titanic nennen würde. Im besten Fall halblustig. Da hilft selbst der DJ der Bs, Flip, nichts, um es bei der Eröffnung rauszureißen. 
Armes Linz.

Konklusio:

Der Dude ist sich gewahr, dass nach diesen zwei obigen Absätzen der Verdacht im Raum steht, ein konservativer Miesepeter zu sein. Fair enough. Naja, aber ganz so ist es nun auch nicht: Die Idee der Politik, Orte im Stadtraum attraktiver zu machen und neu zu nutzen, ist im Grunde gut und edel. Nur sollte Linz von Seiten der Politik mittlerweile gelernt haben bzw. soweit offen sein, um zu erkennen: So geht das nicht! Die Sandburg, das unsägliche Brauwirtshausimitat in der Tabakfabrik, die missglückte Grünmarkt-Belebung, die Leerstände in St. Magdalena und der Rudolfstraße: alles Mahnmale des gastro- bzw. quartierplanerischen Scheiterns. Es gibt in der Stadt Kompetenzen und internationale Kontakte zu Fachleuten, die Stadtentwicklung und Gestaltung professionell betreiben und begleiten. Egal ob Kunstuniversität, Architekturforum oder eines der vielen Architektur- und Designbüros in der Stadt. Man müsste diese nur lassen – von Anfang bis zum Ende. So hätte Linz die Chance, in Eigenentwicklung das zu schaffen, was notwendig wäre: Mit Kreativität und Bezug die fällige übergastronomische Quartierentwicklung zu bewerkstelligen.
Tapferes Linz.

Der Dude hofft, bangt und hält die Daumen.

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