Anne Glassner untersucht die Bedingungen von (Un-)Aktivität und (Un-)Produktivität und verwischt die Grenzen zwischen Privatheit, Öffentlichkeit, Inszenierung und Realität.
Wichtige Ausgangspunkte im künstlerischen Schaffen von Anne Glassner bilden Fragen nach dem Verhältnis von Inszenierung und Wirklichkeit. Ihr Interesse für Träume, Bewusstseinszustände sowie die Wechselwirkungen zwischen Körper und Raum finden in ihren Arbeiten Ausdruck. Die verwendeten Medien umfassen Fotografien, Zeichnungen, Videos sowie Performance. Die Thematik des Schlafes ist seit einiger Zeit ein zentraler Punkt ihrer künstlerischen Arbeiten, die unter anderem in Schlafperformances ihren Ausdruck findet.
Ein zentrales Thema von Glassners Arbeit ist die Archivierung von Performancekunst. In ihrem Projekt Do Archives Sleep? geht sie der Frage nach, wie Performancekunst archiviert werden kann und in welcher Form Performances lebendig erhalten bleiben. Sie stellt Fragen wie: Wie kann ein Archiv künstlerisch erschlossen werden? Was überdauert von einer Performance? Wie wird diese dokumentiert und präsentiert? Kann ein Archiv Performances lebendig halten? Im Zuge ihres Stipendiums setzte sich Anne Glassner mit alternativen Formen der Archivierung auseinander.
Im Rahmen einer Live-Performance beim Eröffnungsabend von Cache greift Anne Glassner u. a. VALIE EXPORTs Körperkonfigurationen (1972–1982) auf und zeigt ihre Perspektiven auf. Das 2017 gegründete VALIE EXPORT Center, das in der Linzer Tabakfabrik beheimatet ist, inspirierte Glassner zu einer in der Ausstellung zu sehenden Fotostrecke: In einem türkisfarbenen Overall, genäht von ihrer Großmutter und in Anspielung an ihre Urgroßmutter, die selbstbewusste Tabakarbeiterin war, erkundet sie die Architektur der Räumlichkeiten und sucht außerdem Orte auf, an denen EXPORTs Arbeiten entstanden, um sich in liegender Position anzunähern. Mit ihrer Pose geht es einerseits um eine Gegenhaltung zum Mainstream eines beschleunigten Wachstums (männlich dominierter Fortschrittsglauben, der möglicherweise auch von Frauen übernommen wird) aber auch um ein Innehalten, ein Körperbewusstsein, aus dem neue Perspektiven entstehen können. Mehrere Stränge werden sichtbar: Es geht um Klassenbewusstsein, Produktion/Wachstum versus Stillstand.
Türkisfarbene Polster, Relikte einer kollektiven Schlafperformance, erinnern in einer Arbeit an die Übernachtung mit einer Schulklasse in den Büroräumen des Archivs, bei der die Rückführung von Produktion und Arbeit diskutiert wurde. Die Farbe erinnert an die Architektur in der Tabakfabrik, zieht sich durch die Installation von Glassner von Linz bis Wien und wieder zurück.
Die im Lentos im Rahmen der Ausstellung installierte Bettdecke zeigt eine neue Möglichkeit, ihr Gedankenarchiv zugänglich zu machen. Innere Vorgänge werden nach außen gestülpt, nach außen kommuniziert. „Die Decke nimmt meine Spuren auf, ein körperlicher Prozess, ein Inhalieren der Gedankengänge von VALIE EXPORT, ein Weiterdenken. Ein Speicher des eigenen Denkvorgangs“, so Anne Glassner.
Cache
Feministische Ästhetiken und Archivprozesse
08. 11. 2024 bis 05. 01. 2025
Lentos Kunstmuseum, Leseraum
www.lentos.at/ausstellungen/cache