Das Politische ist privat, lehrten uns die 1960er Jahre – das hatten wir ja schon. Das Kulinarische ist politisch, meint der Dude, immer noch. Nachdem noch lustig-larmoyanten Bericht aus dem Vorwahlkampf im Sommer ist der Dude nun im dunklen, depressiven Herbst angelangt. Und noch nie war der Begriff Urnengang so passend wie derzeit, findet der Dude.
Die FPÖ, frisch gestärkt und selbstbewusst, feiert im Bierzelt, der Bude oder dem nikotinschwangeren Beisl. Gekocht wird Deftiges, Gebratenes, Hauptsache: antivegan. Die Stammtischrunde diskutiert feixend, ob das Nationalgericht „Schweinsbratl“ nicht offiziell als UNESCO-Kulturerbe vorgeschlagen werden sollte. Dazu wird Bier getrunken, vorzugsweise heimisch, obwohl eine Stimme im Hintergrund murmelt, dass tschechisches Pils doch auch so gut sei. Der Tisch biegt sich unter der Last von Pommes, Grillhendl und Würsten und irgendwo dröhnt Andreas Gabaliers „Volksrocknroller“ oder Gigi D’Agostinos „L’amour toujours“ aus einem mitgebrachten Bluetooth-Lautsprecher. Man lässt sich nichts verbieten.
Die Grünen, enttäuscht und doch nicht ganz hoffnungslos, ziehen sich in einen kleinen Biohof zurück. Man debattiert bei veganen Schmankerln (die wirklich gut sind – echt, versprochen!) und naturtrübem Apfelsaft über die Fehler im Wahlkampf und der politischen Kommunikation. Es wird viel über systemischen Wandel gesprochen, den Fall von Greta Thunberg und was man von der ersten Generation grüner Fundis lernen könnte. Und ob man eher bürgerlicher oder links sei. Kulinarisch wird es dann international – Lateinamerika und Afrika im Fokus, Indisch und Persisch sind beliebt. Es gibt viele Ah’s und Oh’s beim Verkosten und man beglückwünscht sich zu den gelungenen Überraschungen und kulinarischen Aneignungen. Als es dämmert, zündet jemand ein Lagerfeuer an und entfacht damit eine CO2-Diskussion.
Die SPÖ, wieder einmal mit sich selbst beschäftigt, sucht Trost am Buffet eines Gewerkschaftsheims. Es gibt Schnitzel vom Schwein – wie immer – und dazu Erdäpfelsalat oder Mauererforelle – liebevoll „Forön“ betitelt, die, so die Genossen, ein Symbol für „Ehrlichkeit und Bodenhaftung“ ist. Die Forön wird gemeinsam von Basis und Parteikader auf Biertischen zubereitet – was verbinden und erden soll. Es wird gelacht und gescherzt – über den politischen Mitbewerb. Doch das Lachen bleibt öfters im Halse stecken und endet in betretenem Schweigen. Man wähnt sich dennoch in Verständnis und Verbundenheit, während die Zwiebel viel zu grob und der Fake-Mautner-Markhofsenf viel zu dick aufgetragen wird. Die weichen Semmeln aus dem Netz sind dann aber schnell gefüllt. Der Wein für den G’spritzten im Doppler ist aus der Wachau, das Bier aus Zipf. Es schmeckt aber alles leicht fahl und kann nicht über die allgemeine, parteiinterne Orientierungslosigkeit hinwegtrösten.
Die ÖVP, egal ob in Wien, im Bregenzerwald oder der Steiermark hat es auch nicht gerade leicht – findet der Dude. Als Hort der Vernunft, der Mitte und der Stabilität wollte man sich positionieren und endete als mittelmäßiger Fadessehaufen ohne Zugkraft und Zweitverwerter der Ideen anderer. Zumindest im lokalen Wahlkampf probiert man sich aus und probiert es in Clean und Lila. Aber ob eine Mischung aus Schokolade und Reinigungsmittel am Ende nicht als „Nicht-Fisch / Nicht-Fleisch“ ankommen wird, ist fraglich. Die Buffets auf Parteifeiern sind trostlos wie eh und je – weiß der Dude aufgrund von Insiderwissen. Es gibt Brötchen mit Schinken, Brötchen mit Ei, Brötchen mit Lachs und Brötchen mit Speck. Alles Bio und regional – aber ja nicht grün-urban konnotiert, sondern bäuerlich-vernünftig. Das ist wichtig. In diesen Zeiten sind Abgrenzung und Profil wichtig. Egal ob bei Identitätspolitik oder Kulinarik. Darum nicht ändern. Weiter so – scheint das Motto.