Das Archivieren und die Sichtbarmachung von Gedankenspuren in drei Arbeiten: Flüchtige Notizen in Studio Notes #1. Und die Bedeutung von Worten sowie Raum als Zwischenspeicher in Prozessuales Denken und txt.
Im zeitlich gegenwärtigen Widerstreit der fotografischen Abbilder, Ausschnittbilder und Fragmente besinne ich mich auf bildhintergründiges Begreifen und Abtasten, Erfühlen und visuelles Annähern an meine persönliche, künstlerische Ideenfindung und Arbeitsweise.
Im Rahmen der Ausstellung gebe ich Einblick in Gedankenwelten, wie ersichtlich in der Arbeit Prozessuales Denken (2023/2024), welche in einem Ordner Kopien originaler Notizen und Skizzen zeigt und Anteile von Texten aus der Recherche im Rahmen des VALIE EXPORT Center Stipendiums offen legt. Hier wird deutlich, wie Archive für mich nicht nur als Speicherorte, sondern als lebendige Prozesse wirken. Dieser Einblick in die Welt von Rohmaterialien und Gedankenfragmenten macht meine künstlerischen Suchprozesse erfahrbar und zeigt, dass ein Archiv auch ein Ort des Unvollendeten und des Potenziellen ist, welches stetig wächst, jedoch auch Lücken aufweisen kann.
Mit Studio Notes #1 (2023) reflektiere ich darüber, wie das Medium der Fotografie das Vergessen paradoxerweise dokumentieren kann und erhebe zeitgleich Hintergrundprozesse der Arbeit im Atelier in den Status eines Werkes.
Wohlwissend, dass besonders Fotografien fragile Träger von Informationen sind. Die Notizen auf den Post-Its, die durch das Verblassen bereits wieder Information verlieren, stehen für mich als Symbole für die Fragilität und Flüchtigkeit selbiger. Die Post-Its sind temporäre Gedächtnisspeicher, die jedoch durch das fotografische Festhalten in eine andere Dimension des Erinnerns transportiert werden und in einem Zustand des Zwischenspeichers übertreten.
txt (2023/2024) offenbart meine Vorliebe für Worte und Wortbedeutungen, welche sich akkumuliert rund um das Archivwesen und die Welt der Visualisierung und Prozesse ansammeln. Die Arbeit verweist auf das Spannungsfeld zwischen sprachlicher und visualisierbarer Bedeutung von Worten und reflektiert über das Archiv als Gedächtnis-Raum. Die Worte, die im Rahmen der Ausstellung im Lesesaal verteilt sind, eröffnen Assoziationen und Bezüge, die sich auf das Sammeln, Speichern und das Loslassen von Erinnerungen beziehen. Ich lade die Betrachtenden ein, sich in diese Begriffswelten einzufühlen und das Archiv nicht nur als reinen Speicherort zu betrachten, sondern als eine Struktur, die sich in ständigem Wandel und Transformation befindet – ebenso wie die Verschiebung, Überlagerung und Verzwickung verschiedener Archivalien in Archiven Kontextverschiebungen hervorrufen kann.
Meine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Vorlass im VALIE EXPORT Center hat für mich hervorgehoben, wie bedeutsam es ist, das eigene Archiv bewusst zu gestalten und den Blick auf mein Werk und meine künstlerische Identität zu schärfen. Ich sehe hier eine Verantwortung, mein Werk zu Lebzeiten selbst zu strukturieren und aufzubereiten, um eine authentische Überlieferung zu ermöglichen. Der Vorlass wird für mich zum Symbol der Selbstbestimmung und zur Möglichkeit, sich selbst innerhalb des Kunstsystems zu verorten. Indem ich mein Werk entsprechend meines eigenen Narratives ordne, schaffe ich eine vorsorgliche Intervention gegen mögliche, spätere Missdeutungen und Fehlinterpretationen.
Die Arbeiten eint, dass sie lediglich Auszüge aus fortzuführenden Vorhaben zeigen; verdeckte oder fehlende Informationen und Lücken aufweisen, weiter erforscht und bearbeitet werden möchten. Dieses Wechselspiel zwischen Zeigen und Nicht-Zeigen wird für mich zur Metapher für die Natur des Archivs als einem Ort, an dem Wissen bewahrt und doch unvollständig bleibt sowie nie zeitgleich in Gänze zu sehen und zu erfassen ist.
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Feministische Ästhetiken und Archivprozesse
08. 11. 2024 bis 05. 01. 2025
Lentos Kunstmuseum, Leseraum
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