Loading...
You are here:  Home  >  Kunst und Kultur  >  Current Article

Coming of Politics

By   /  1. März 2019  /  No Comments

    Print       Email

Beim diesjährigen Filmfestival Crossing Europe laufen zwischen 25. und 30. April drei ausgewählte Dokumentarfilme über Frauen in der Politik. In Sachen Filmbesprechung hat die Referentin im Vorfeld drei Expertinnen in Sachen Politik gewinnen können: Karin Hörzing hat sich „I Had A Dream“ angesehen. „We Did What Had To Be Done“ wurde von Doris Lang-Mayrhofer gesichtet. Und „Sylvana, Demon Or Diva“ bespricht Eva Schobesberger.

I HAD A DREAM / AVEVO UN SOGNO. Zwei Männer flankieren den 2018 erschienenen Film von Claudia Tosi: Silvio Berlusconi, der 2008 zum vierten Mal italienischer Ministerpräsident wurde, und Donald Trump, der ein knappes Jahrzehnt später als amerikanischer Präsident vereidigt wurde. Für Manuela, eine Abgeordnete des italienischen Parlaments, und Daniela, eine Lokalpolitikerin, ist dieser dergestalt männlich markierte Zeitraum der Inbegriff für den politischen Regress. Seit Jahren kämpfen die beiden für mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, für bessere Gesetze zum Schutz vor häuslicher Gewalt gegen Frauen und für ein diverseres Gesamtbild politischer Verantwortungsträger.

Was ist Politik? Was macht Politik aus? Gibt es im beruflichen Leben von Politikerinnen, egal in welcher Stadt, in welchem Land sie arbeiten, Parallelen?
Darauf kann ich nur mit einem klaren Ja antworten, wenn ich den – in 84 min. Filmlänge – geschilderten Einsatz, die Erfahrungen, Erwartungen, Enttäuschungen aber auch Erfolge von Manuela und Daniela Revue passieren lasse.
„I had a dream“ ist kein Film, der keine Fragen aufwirft. „I had a dream“ besticht nicht durch spektakuläre Bilder oder Action, nein, mich hat er fasziniert, weil es sehr subtil gelungen ist, sich in die Welt dieser beiden Politikerinnen hineinziehen zu lassen. Und ich denke, das passiert nicht nur mir, weil ich diese Welt gut kenne, sondern vor allem dadurch, weil es so ungeschnörkelt authentisch ist.
Politikerinnen aus aller Welt setzen sich seit vielen Jahren mit den gleichen Themen wie Manuela und Daniela auseinander: mit dem Einsatz für mehr Gleichberechtigung, mit dem Schutz vor häuslicher Gewalt für Frauen, mit dem Anspruch, dass mehr Frauen auch die Politik gestalten.
„I had a dream“ berührt – er berührt in den Aussagen, den stillen Momenten, den motivierenden Protestmärschen, den Alltagsgeschehnissen.
Er macht wütend, wenn Politikerinnen auf Missachtung treffen (wer hat schon gerne ein schlafendes männliches Publikum 🙂 ), wenn harte Fakten wie beim Thema häusliche Gewalt verniedlicht werden und wenn man merkt, wie populistische Politik gegen die Menschen, von den Menschen, den Wählerinnen und Wählern unterstützt wird.
Und dieser Film lässt einen auch nicht los, weil auch die persönlichen Schicksale, die Zweifel, die Ratlosigkeit, die Diskussionsbeiträge und die humorvollen Momente von Manuela und Daniela so eindringlich – sprachlich und bildlich – eingefangen wurden. Zum Schluss bleibt die Frage offen, welchen Stellenwert der politische Einsatz von Daniela und Manuela hat. Wird es jemanden geben, der den Kampf weiterführt und das Staffelholz übernimmt!? Ich denke, ja – Bella Ciao!

Karin Hörzing (SPÖ) ist Vizebürgermeisterin der Stadt Linz. Ihre Ressorts sind Soziales und Sport.

 

WE DID WHAT HAD TO BE DONE. Die beiden Regisseurinnen Friederike Berat und Ulrike Ertl im O-Ton über ihre Dokumentation von 2018: Dieser Film basiert auf 15 Interviews mit nordirischen Frauen, die wir im Zeitraum von 2009 bis 2017 geführt und zusammengestellt haben. Sie erlebten den Konflikt als Befreiung aus den Rollen, die ihre Gemeinschaften für sie vorgesehen hatten. Eine Befreiung, die sich im Laufe des Friedensprozesses Schritt für Schritt wieder zu ihrer Ausgangssituation zurückentwickelte. Ihre Namen sind – anders als die Namen ihrer männlichen Mitstreiter und Genossen – nicht im öffentlichen Narrativ des Konflikts zu finden. Diese Dokumentation möchte ihre Geschichte erzählen.

Der Film zeigt für mich auch Parallelen zur heutigen Zeit auf. Wenn in Amerika über einen Mauerbau diskutiert wird, oder in Europa ein Brexit bevorsteht, kann man das durchaus mit dem Irland-Konflikt in diesem Film vergleichen, wo es um die Spaltung in einen südlichen und einen nördlichen Teil des Landes ging.
Was allerdings nicht geschichtlich festgeschrieben wurde, ist, wie diese nordirischen Frauen damit umgingen, bzw. was das für sie persönlich bedeutete. Dies war jedoch Thema der Interviews, die in diesem Dokumentations-Film mit diesen Frauen geführt wurden.
Die Erinnerungen an die Probleme sind unterschiedlich und formen dadurch eine dynamische Wahrnehmung dieser Zeit. Die Frauen erzählen von der politischen Prägung, die sie schon in der Kindheit formte, sie beurteilen den Stellenwert der Frauen im Konflikt unterschiedlich, sie fassen Trauer, Trauma und die Auswirkungen von (häuslicher) Gewalt in Worte.
Sie beschreiben ein Umfeld, in dem Frauen die Initiative ergreifen, oder sich dafür aussprechen, jungen Menschen eine Zukunfts-Perspektive zu eröffnen.
Der Film „We did what had to be done“ kann aus meiner Sicht dazu anregen, sich Gedanken darüber zu machen, dass Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, und dass wir uns alle immer wieder bewusst machen sollten, dass gerade in unserer Europäischen Union diese Werte ein klares und starkes Bekenntnis sind.

Doris Lang-Mayerhofer (ÖVP) ist Stadträtin der Stadt Linz. Ihre Ressorts sind Kultur, Tourismus und Kreativwirtschaft.

 

SYLVANA, DEMON OR DIVA. In Ihrer 2018 releasten Dokumentation hat Regisseurin Ingeborg Jansen eine niederländische Politikerin begleitet: Als die ehemalige TV-Persönlichkeit Sylvana Simons die politische Arena in den Niederlanden betritt, ist sie als „woman of colour“ mit vielen Anfeindungen konfrontiert. Gemeinsam mit ihrer Partei BIJ1 stellt sie sich den Herausforderungen des Wahlkampfs.

Dieser Film begleitet Sylvana Simons auf ihren drei Monaten vor der Wahl zum Amsterdamer Gemeinderat, wo sie als Spitzenkandidatin für eine linke Bewegung um den Einzug kämpft. Er zeigt die Politikerin im Straßenwahlkampf, bei Parteiveranstaltungen, bei zahlreichen Gesprächen und liefert auch zum Teil sehr persönliche Einblicke bis ins chaotische Zentrum ihres Kleiderschranks, wohin sie sich immer wieder zurückzieht. Den Einstieg bilden Szenen aus einer Fernsehdiskussion, die mich sofort zornig machen. Alter weißer Mann versucht mit „lustigen“, rassistischen Bemerkungen gegenüber seiner jungen schwarzen Mitdiskutantin beim Publikum zu punkten. So bin ich ab der ersten Minute im Filmgeschehen gefangen und beginne nahezu sofort mich mit Sylvana Simons zu identifizieren und bin mit ihr. Ich fühle die Kraft, die im Kampf für positive Veränderungen entsteht, genauso wie die Energie, die sie braucht um persönliche Beleidigungen zu parieren. Ich bin schockiert, womit Sylvana Simons zurechtkommen muss. Persönliche Beleidigungen, kränkende Anwürfe oder primitive Sexismen kennt vermutlich jede Frau, in irgendeiner Form. Aber diese unglaublichen, hassgeladenen Rassismen! Ich spüre die Zornesröte in meinem Gesicht und bewundere die Souveränität mit der diese starke Frau das alles bewältigt. Das macht mich dann auch sehr dankbar für das positive Feedback, das Silvana Simons von Mitstreiterinnen oder irgendwelchen Menschen auf der Straße erhält. Mitten im Film treffe ich dann auf einen guten Bekannten. Ich bedauere gerade wieder, dass ich kein Niederländisch spreche, weil mir die Konzentration auf die Untertitel viel von dieser schönen und kräftigen Bildsprache nimmt, die den Film prägt. Und da taucht er auf: Der Erklärbär. Ein großer weißer Mann steht mit einer Bierflasche in der Hand da und erklärt. Er erklärt Sylvana Simons, dass er im Ergebnis eh bei ihr ist, sagt ihr aber, dass sie anders argumentieren soll und dass sie Begriffe die sie verwendet, lieber nicht gebrauchen soll, weil sie zu negativ beladen sind. Auf Sylvana Simons Einschub, dass man Rassismus wohl kaum bekämpfen kann, wenn man ihn nicht als solchen benennt, wirft er ihr schließlich vor, dass sie ihm zu viel erklärt.
Der Erklärbär ist nicht unser einziger gemeinsamer Bekannter. Ich finde mich insgesamt in vielen Elementen dieses Films wieder. Vermutlich liegt das aber gar nicht so sehr am Politikerin-Sein, sondern daran, dass Frauen in unserer Welt eben oft mit sehr ähnlichen Dingen zu kämpfen haben. Sylvana Simons bekommt im Laufe des Wahlkampfes viele mehr oder weniger brauchbare Ratschläge. Einen davon find ich richtig gut und zwar für jede von uns: „Hör auf, so kritisch mit dir selbst zu sein!“

Eva Schobesberger (GRÜNE) ist Stadträtin der Stadt Linz. Ihre Ressorts sind Frauen, Umwelt, Naturschutz und Bildung.

    Print       Email
  • Published: 6 Jahren ago on 1. März 2019
  • By:
  • Last Modified: März 6, 2019 @ 10:14 pm
  • Filed Under: Kunst und Kultur

About the author

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert