„Framed“ hieß die im Kunstraum Goethestraße xtd im Oktober und November gelaufene Ausstellung, bei der die beiden KünstlerInnen Lotte Schreiber und Siegfried A. Fruhauf Arbeiten präsentiert haben, die im Bereich Film und Video angesiedelt sind. Tanja Brandmayr hat die Ausstellung besucht.
Mit Lotte Schreiber und Siegfried A. Fruhauf waren im Kunstraum Goethestraße eine Künstlerin und ein Künstler ausgestellt, die seit langen Jahren mit Film, Video und im Kontext dieser Medien arbeiten. „Framed“, der Titel der gemeinsamen Schau, bezieht sich dabei zuerst auf den „Frame“, das Einzelbild, die kleinste filmische Einheit des bewegten Bildes – also jenes nur einen Wimpernschlag dauernde Aufleuchten eines einzelnen Bildes, das vom bloßen Auge nicht wahrgenommen wird. „Framed“ verweist aber auch auf die Rahmensetzung oder einen Bearbeitungsmodus generell. Im Englischen kann mit dem Wort „Framed“ auch ein Hinters-Licht-Führen gemeint sein, was in schöner Weise auf die Illusionsmaschine Kino verweist. Und bereits auf einen wesentlichen Aspekt in Siegfried A. Fruhaufs Ansatz hinweist, der sich mit dem Licht als dem konstituierenden Element des Filmes schlechthin auseinandersetzt, um aber in seinen Arbeiten den „Apparat Kino“ in seine Bestandteile zu zerlegen. Jedenfalls, insgesamt etwa 20 Werke waren im Hauptraum, Untergeschoss und im angrenzenden Schaufensterraum des Kunstraumes präsentiert – als Bilder, Videos, Installationen und im Fall von Lotte Schreibers „Image Memory III“ auch als Eröffnungsperformance. Hier wurde das Schaufenster des Kunstraumes mit Zitaten von bekannten RegisseurInnen bis befreundeten FilmemacherInnen überzogen, was wiederum auf wesentliche Elemente in Lotte Schreibers Arbeiten hinweist – auf das Wort und die Erzählung als konstituierendes Element oder auch auf Figuren als bild- oder prozessgestalterische Elemente vs. schauspielernde AkteurInnen im klassischen Sinn.
Schreiber begann mit weiteren KünstlerInnen bereits einen Tag vor Ausstellungseröffnung das Schaufenster in weißen Lettern zu beschreiben, von innen und in Spiegelschrift. Wie kleinteilig diese Arbeit voranging, zeigte sich den BesucherInnen, als dieser installativ-performerische Zugang während der Eröffnung beobachtet werden konnte. Während sich von außen die RegisseurInnen-Sätze quasi mühelos entziffern ließen, offenbarte sich von innen ein hieroglyphenartiges Schriftbild, das sich auf den ersten Blick dementsprechend sinnentfremdet zeigte und auch mit Vorlage geschrieben werden musste. Für Lotte Schreiber wurde hier Sprache in (Schrift)Bild und vice versa überführt, während diese Herangehensweise der Schriftbildinszenierung ebenso das „Potential des Schaufensters als Screen“ untersuchte, so Lotte Schreiber in einem späteren Publikumsgespräch. Ein weiteres Beispiel für die Verquickung von Text und Bild bzw. die Umwandlung von Text zu Bild ist ihre Videoarbeit „Manchmal also denkt man, weil es sich bewährt hat. Wittgensteins Haus in 8 Kapiteln“. Das 11-minütige Video versteht die bekanntermaßen streng hierarchischen Sätze und Satzordnungen des Philosophen Ludwig Wittgensteins, bzw auch dessen Aphorismen in unerwarteter Weise als Handlungsanweisungen an eine Person, die das Wittgenstein-Gebäude auf der Suche nach Wittgenstein-Rätseln betritt. Eine dritte, hier beispielhaft genannte Arbeit, wesentlich für einen politischen Ansatz bei Schreiber ist die Arbeit „Ciò che conta, … (Was zählt, …)“. Sie bildet die noch unberührten pontinischen Sümpfe ab, die später von Mussolini bebaut wurden. Das Bild wurde mit einem Pasolini-Zitat überschrieben, das nicht nur die megalomanischen Diktatoren-Taten konterkariert, sondern auch für eine ästhetische wie politische Haltung steht, dass das politisch Notwendige – auch entgegen dem megalomanischen Polit-Apparat – gesagt und gemacht werden muss.
Ist in Schreibers Arbeiten vor allem das Verhältnis von Sprache und Bild von Belang, so geht es Fruhauf in seinen Arbeiten vor allem um die Zerlegung, um das Vordringen bis in die Mikrostruktur des Filmes, um den Blick hinter die Fassade. Hinsichtlich einer Totalität versteht er dieses Zerlegen insofern als politisch, als dass der Illusionsapparat für die Masse schon zu einer Einheit geworden sein mag, die analogen oder digitalen Unterschiede seien hier einmal dahingestellt. Fruhauf bezweckt das Verborgene offenzulegen, die Gemachtheit zur Schau stellen, eine Illusion von Kino zu zerstören, die durchaus mit den Stärken des Kinos, des Filmes, seiner Affektivität, der Direktheit und vor allem einer ganz grundlegenden Erfahrung von Licht und Raum arbeitet. Er widmet sich in einzelnen Arbeiten technisch-handwerklichen Details, aus denen er utopisch-dystopische, insgesamt meist abstrakte Ästhetiken generiert („Siemens Star“). Besonders aber in der Reduktion auf Licht und Transparenz, etwa in den Arbeiten „Kunst Filter“ und „Kino Elementar Exzerpt“ entwickeln diese Arbeiten, man möchte sagen, in paradoxer Weise, aber in bezeichnender Eindringlichkeit des „Apparates“ starke imaginative Kraft.
Um auf den gemeinsamen Ausstellungstitel zurückzukommen: Im Ausstellungskontext inkludiert der Titel „Framed“ auch einen Hinweis auf eine gemeinsame Präsentation von zwei künstlerisch-filmischen Positionen, die, O-Ton Ausstellungstext, kein „Making-Of der filmischen Arbeit, sondern eine Dynamik eigenständiger Kunstwerke“ verfolgten. Insofern hat „Framed“ die jeweiligen Ansätze, ihre Medialität und Herangehensweisen extrahiert und neu zueinander in Beziehung, in den gemeinsamen Rahmen, gesetzt. Dies ist auf beeindruckende Weise gelungen.
„Framed“ – Lotte Schreiber und Siegfried A. Fruhauf im Kunstraum Goethestrasse xtd
www.kunstraum.at/index.php/framed
Publikumsgespräch von Lotte Schreiber und Siegfried A. Fruhauf auf Dorf Tv.