Die Referentin #8 - Beiträge der Ausgabe

„Make a total massacre and leave no one behind“

Alexander Eigner | Kunst und Kultur, 1. Juni 2017
Die Referentin #8

Mit schreddernden Gitarren, schillernder Gesichtsbemalung und schlagfertigen Texten haben es Post Period schnell von den lokalen Bühnen in Linz und Umgebung auch nach Wien geschafft, nicht zuletzt bis zum FM4-Protestsongcontest. Protest ist generell fixer Bestandteil der Band und zieht sich durch ihr Konzept, meint Alexander Eigner über die Band.

Links Vivan Bausch, rechts Nora Blöchl und im Auto Linda Greuter. Foto Bastian Moser

Links Vivan Bausch, rechts Nora Blöchl und im Auto Linda Greuter. Foto Bastian Moser

Post Period haben sich im November 2015 gegründet und bestehen aus Nora, Linda und Vivian. Instrumente kann man den drei Frauen allerdings nicht direkt zuordnen, denn diese wechseln bei diversen Gelegenheiten die Musikerin. Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard werden von den Dreien wechselnd bespielt und die Singstimme wechselt ebenfalls von Song zu Song. Das ständige Ändern der Formation spiegelt sich auch im Sound wieder, der eine Mischung aus Punk, Surf Rock und Pop erzeugt oder anders gesagt: Post! Schließlich ist alles, was irgendwann später kommt, eben die Post Period, egal ob aus musikalischer, geschichtlicher oder gesellschaftlicher Perspektive. Wenn diese Phase wiederum vorbei ist, kommt auch etwas Neues, also wieder eine Post Period und so lässt sich das immer weiterspielen. Es geht um die Ära danach. Mit diesem Konzept hat sich das Trio auch etwas Großes vorgenommen: musikalischen Stillstand vermeiden und eine stetige Neuerfindung forcieren.

Beim FM4-Protestsongcontest haben sie schließlich ihren Song sonic war präsentiert, dieser hat ihnen, dank des guten Votings des Publikums, zum sechsten Platz verholfen. Bei der Bewerbung dafür haben sie sich noch wenig Chancen ausgerechnet, was generell mit der Skepsis für Conteste zu tun hat. Diese sind oft negativ behaftet, wie man aus zahlreichen dieser Wettbewerbe weiß. Schließlich muss man sich immer mit anderen messen, die meist etwas völlig Gegensätzliches machen. Anschließend wird man von einer Jury bewertet oder eventuell sogar abgewertet. Nichtsdestotrotz war der Auftritt im Rabenhof Theater der größte ihrer bisherigen musikalischen Karriere. Der Song an sich ist ein Schrei danach, dass auch Frauen nicht nur genauso aggressiv sein dürfen, wie das bislang hauptsächlich männlichen Kollegen vorbehalten bleibt, nein sogar müssen. Er handelt aber ebenso vom Hadern mit persönlichen inneren Konflikten und soll die Zerrissenheit der Medien aufzeigen. Genau deswegen lässt sonic war so viel Raum für eigene Interpretationen offen, ein Songzitat: „Make a total massacre and leave no one behind“.

Um Post Period vollends zu verstehen, sollte man sie einmal gesehen haben. Ihr Auftreten, mit rebellischer Eleganz, verfeinert mit ihren stilvollen Gesichtsbemalungen lässt einen erst einmal staunen, regt zum Nachdenken an und bereitet Vorfreude auf das, was noch kommen wird. Die Verzierungen im Gesicht entstanden ur-sprünglich daraus, dass ein Bandmitglied längere Zeit ein blaues Auge hatte und dieses bei einem Auftritt kaschiert hat. Solidarisch mit ihr taten es ihr die beiden weiteren Frauen der Band gleich. Und weil es so viel positive Resonanz dazu gegeben hat, haben sie beschlossen es beizubehalten, was auch nicht weiter schlimm ist, da alle drei große Bowie-Fans sind. So wurde aus einer Not ein Ritual. Ein Ritual der Gemeinschaft, denn das gegenseitige Schminken vor einem Gig gibt ihnen Ruhe. So stimmen sie sich auf den bevorstehenden Auftritt ein. Mittlerweile ist es zu ihrem Markenzeichen geworden.

Post Period – die sich selbst auch als Stromgitarrenfrauenkapelle bezeichnen – sind trotzdem viel mehr als Frauen mit Kriegsbemalung. Als Frauenrockband setzten sie, ob gewollt oder ungewollt, sowieso ein Zeichen, denn manche Klischees bestehen immer noch: Schlagzeug, Bass und E-Gitarre sind keine typischen Frauen-Instrumente. Oft haben sie das zweifelhafte Kompliment gehört, dass sie für Frauen ja ganz gut spielen würden. Mit ihrem Auftreten sind sie nun dabei diese Stereotypen zu widerlegen und krachen chaotisch, aber authentisch, geradewegs in die Männer-Rockwelt der Stahlstadt.

Im September 2016 haben Post Period bei der Recording-Session Girls Rock Edition im Ann and Pat ihre ersten beiden Singles veröffentlicht, darunter findet sich auch die Nummer sonic war. Auch wenn es ihnen selbst mehr Freude bereitet live aufzutreten, haben sie mittlerweile genug Material gesammelt, um das erste Album auf-zunehmen. Die Zeit scheint reif zu sein. Fertig sein soll es noch im Sommer, denn da ist eine kleine Tour Richtung Deutschland geplant, ehe es wenig später weiter nach Italien gehen soll. Im Sommer in den Norden und im Herbst in den Süden. Dabei soll dann wiederum viel neue Musik entstehen. Wenn es nach ihnen geht, dann sind das im besten Fall Stücke, die in zwei Minuten fertig sind.

Derzeit wird noch eifrig gearbeitet. Einen Vorgeschmack auf das Album und die folgende Tour kann man sich aber schon live am 29. Juli Open-Air vor der Stadtwerkstatt holen. Man darf gespannt sein, wie Post Period im Sommer überraschen werden.

 

Post Period, 29. Juli, Stadtwerkstatt Open-Air

www.postperiod.at

Alexander Eigner
schreibt für die Referentin über Musik.
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Juni/Juli/August 2017
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