Genau in der Mitte, dort wo Urfahr ein wenig Downtown sein kann, also im kleinen Gebiet zwischen Hinsenkamplatz bis Freistädterstraße, noch genauer in der Blütenstraße, betreibt Andreas Liska seinen Bike Workshop. Ein Ort der Fahrradromantik. Magnus Hofmüller besuchte ihn zum Gespräch über Radfahren, Radverkehr, Radboten und Radwerkstätten.
MH: Lieber Andreas, kannst Du uns was zur Gründung deines Bike Workshops erzählen bzw. wie bist Du zur Fahrradreparatur gekommen?
AL: Der ursprüngliche Grund ist, dass ich selbst viele Räder habe und sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs bin. Meine Räder müssen rasch wieder funktionieren – und daher der Bedarf an schnellen Reparaturen. Nach und nach kamen immer mehr Werkzeuge dazu und damit auch das Wissen um alle möglichen Gebrechen und Probleme. Nach und nach kamen auch Reparaturen für Freunde und KollegInnen dazu. Meine Wohnung wurde immer enger und im Laufe der Jahre füllten immer mehr Fahrräder, Teile und Werkzeuge die Zimmer. Und auch den Schmutz darf man nicht vergessen (lacht). Dann begann die Suche nach Geschäftslokalen in der Umgebung. Vor zwei Jahren wurde dann das Ladenlokal direkt neben meiner Wohnung frei – eine glückliche Fügung. Nach Absprache mit meinen Vermietern gibt es sogar eine direkte Verbindung zu meiner Wohnung – mit der ursprünglichen Türe, die sogar noch im Keller war.
MH: Deine Werkstatt gibt es jetzt also seit zwei Jahren?
AL: Ja, es war aber so eine Art Soft-Opening, weil ich noch viel Arbeit in Verkabelung, Renovierungsarbeiten und andere Einbauten steckte. Es ging fließend los, da ich ja auch keine aktive Werbung gemacht habe. In der Nachbarschaft hat es sich dann schnell herumgesprochen. Da ich auch viele gebrauchte Teile habe und auch sehr gerne alte Räder restauriere, kommen immer mehr Leute, die die Idee von Recycling gut finden. Oft bekomme ich auch alte funktionstüchtige Teile geschenkt.
MH: Wenn man sich in der Werkstatt umsieht, gibt es Räder aus allen Generationen und Typen. Ich sehe das legendäre Puch Clubman, ein feines Willier Triestina Rennrad und ein Lastenrad. Man sieht hier dein breites Interesse. Du bist zum Beispiel auch kein Felgen- vs. Scheibenbremsendogmatiker.
AL: Genau, jede Fahrradtype und Fahrradgeneration ist vertreten. Und bei den Scheibenbremsen kommt es ja auf den Anwendungsbereich an. Gravel, Mountainbike und Lastenrad sind mit diesen Bremsen viel angenehmer und vor allem sicherer zu fahren. Aber auch Themen wie tubeless werden immer präsenter. Dieses Wissen muss man sich nach und nach aneignen.
MH: Wie sind deine persönlichen Fahrradpräferenzen?
AL: Im Winter fahre ich sehr gerne mit dem Gravelbike, im Sommer mit dem Rennrad – hier interessieren mich die Berge am meisten. In der Stadt bin ich mit dem Lastend unterwegs, wenn es Transportbedarf gibt – oder mit einem uralten Lastenrad. Das ist bei Regen ideal. Es gibt für jeden Einsatzbereich ein eigenes Fahrrad bei mir. Darum sind es so viele geworden.
MH: Wie und auf welchen Plattformen findet man dich? Website gibt es ja keine, soweit ich in Erfahrung bringen konnten. Und du schreibst auch bewusst Bike Workshop und nicht Bike Shop.
AL: Genau, Website gibt es keine. Infos findet man mit einem Google-Eintrag und Instagram-Account. Der Fahrradhandel interessiert mich nicht – einzig Ersatzteile verkaufe ich. Hier habe ich aber auch nur die notwenigsten Teile lagernd – Reifen, Schläuche und andere Kleinteile – alles andere kann ich bestellen. Workshop auch aus dem Grund, weil viele Leute während der Reparaturen dabeibleiben und zusehen. Und wirkliche Workshops mit Gruppen (5–8 Personen) zu den Basisreparaturen wie Patschen picken und Bremsen einstellen habe ich auch schon abgehalten.
MH: Ich kenne dich ja aus zwei Kontexten. Zum einen von der Linzer Kunstuni und als Fahrradkurier. Wie verbindet sich das bzw. wie kam es zu deiner heutigen Tätigkeit.
AL: Ja, ich habe eine lange Radkuriergeschichte und weiß auch gar nicht, wie lange ich schon als Kurier unterwegs bin. Aktuell betreibe ich den Workshop, koordiniere die Velo-Team-PKW-Logistik und fahre ein bis zwei Tage pro Woche als Kurier beim Tempo Fahrradbotendienst. Ich habe auch Architektur studiert und zeitweilig in ein paar Büros gearbeitet. Aber das Fahrrad ist mit wichtiger.
MH: Bei dir ist ja in allen Lebensbereichen das Fahrrad am Start. Du bist auch im Bikepolo aktiv …
AL: Ja, stimmt, 2011 kam dann auch Bikepolo dazu, das wir seitdem regelmäßig spielen. Am Anfang waren hauptsächlich Radkuriere dabei, aber mittlerweile sind es mehrheitlich radinteressierte Freunde. Und wir suchen immer Leute! Leider gibt es keinen optimalen Patz dafür und daher spielen wir unter der Autobahnbrücke, die nach den Umbauten auch schwieriger geworden ist. Zum Beispiel wurde die Flutlichtanlage demontiert, da die Eisstockschützen abwandert sind.
MH: Schon fast ein Standard: Die Frage nach Linz als Fahrradstadt. Wie siehst du die Gegenwart und Entwicklung in diesem Bereich? Wenige sind mit der Fahrradinfrastruktur zufrieden bzw. blicken positiv in deren Zukunft.
AL: Das Hauptproblem ist, dass man zwar behauptet, dass man Radwege baut, aber in Wirklichkeit nur eine weiße Linie anbringt und dadurch FußgängerInnen den Platz wegnimmt. So wird es für beide unbefriedigend und die AutofahrerInnen haben weitgehend den gesamten Platz für sich. Für mich wirkt es auch so, dass die Radwege nur gebaut werden, um den Autos den vollen Platz zur Verfügung stellen zu können. Also eine Straße ohne störende Fahrräder. Zudem sind Radwege permanent Gratisparkplätze für diverse Lieferfahrzeuge, Baumaschinen oder Scooter – somit sind sie unbenutzbar. Alles, was woanders keinen Platz hat, steht am Radweg.
MH: Ist es in Linz besonders schlecht für RadfahrerInnen? Wo liegt der Grund für das auch mediale Ausspielen von FahrradfahrerInnen gegen FußgängerInnen. Fehlt es hier am Mindset für sanfte Mobilität?
AL: Ja, die Aktionen für den Fahrradverkehr sind hauptsächlich für die Nachhaltigkeitspropaganda. Viele Aktionen richten sich eigentlich gegen FußgängerInnen und am Schluss haben auch die RadlerInnen nichts davon. Ich bin auch sehr für das Zu-Fuß-Gehen in der Stadt – es wird beides unangenehmer und die Bereiche umkämpfter. Nur damit die Autos den Platz behalten. Viele Fahrbahnen in Linz sind zu breit – hier könnte man Gehsteige verbreitern. Und zu breite Fahrbahnen sind in Wohngebieten eine Einladung zum Rasen.
MH: Abschließend noch was zu radmäßigen Zukunftsperspektiven?
AL: Das Thema Fahrrad ist bei mir so wichtig, dass die Werkstatt und das berufliche Tätigkeitsfeld für mich total passen. Das Fahrrad als agiles Verkehrsmittel und Sportgerät – jetzt auch mit dem neuen Velodrom – ist für mich ungemein wichtig.
MH: Danke für das Gespräch und Gratulation zur wunderbaren Werkstatt!
Avanti Linz
Andreas Liska * Bike Workshop
Blütenstraße 14, 4040 Linz
Öffnungszeiten nach Absprache
Instagram: @avanti_linz, @bikepolo_linz, @tempo_radbotinnen, @veloteam_linz