Bereits im vergangenen Herbst ritt Eric big Clit für die Ausstellung „Sattelt die Pferde, ihr HERRscher!“ in den Kunstraum Goethestraße ein. Anlass für ein Porträt der gendergefluiden Künstler*in dahinter: Theresa Gindlstrasser hat mit Alice Möschl gesprochen.
Eric big Clit ist ehemaliger General. Früher toxisch maskulin, heute „Sohnin des Matriarchats“ inklusive all der zähen Widersprüche einer brüchigen Biografie. Im September 2020 reitet Eric für die Ausstellung „Sattelt die Pferde, ihr HERRscher!“ in den Kunstraum Goethestraße ein. Trägt blaue Uniform mit glänzenden Knöpfen, einen opulenten Bart und deklamiert: „Du musst ein Mann sein, du musst stark sein“. Einen nackten Oberkörper, viel glänzendes Olivenöl und noch viel mehr bunte Federn später, heißt’s dann aber: „Wir müssen die Pferde absatteln“.
Alice Möschl, genderfluide Künstler*in hinter der Kunstfigur, beschäftigt sich mit und performt Eric (2020 in Graz übrigens als erster Mister Tuntenball geehrt) seit mittlerweile zwei Jahren. Keine Liebe auf den ersten, aber eine auf den soundsovielten, sei es für ihn*sie gewesen. „Mit Eric bringe ich Veränderung, die ich mir für die Gesellschaft wünsche, als Work in progress auf die Bühne“. Der kontroverse Charakter habe in der Drag-Community zu Diskussionen geführt: Trägt so jemand wie Eric zu viel Patriarchat in den Safe Space hinein? Aber Möschl sieht seine*ihre Aufgabe als Künstler*in genau darin – im Aufzeigen von Widersprüchen und Aushalten von Unangenehmen. Sich selbst als „Medium zur Verbreitung von Messages“ verstehend, erteilt Möschl schnellen Lösungen und glatten Biografien eine Absage, formuliert hemdsärmelig-zukunftsfroh: „Es wird immer Baustellen geben“.
Geboren 1989 in Salzburg Land, studierte Möschl zunächst Soziale Arbeit, dann Experimentelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz. Umtriebig im Spannungsfeld feministischer/queerer Kunst und Politik zeichnet er*sie verantwortlich für Performances am Donaufestival in Krems, im Posthof und Landesmuseum Linz genauso wie für die Mit-Organisation der ersten queeren Donnerstagsdemo in Wien oder eines Drag-King-Workshops mit dem Linzer Kunst- und Kulturraum Pangea. Ob als Vorstandsmitglied bei der KUPF Oberösterreich oder bei der HOSI Linz, als Community Managerin oder als Post-Pornografie Darsteller*in – Möschl nimmt Rollen, Klischees und soziale Normen auseinander und propagiert Selbstreflexion, Neugierde und Selfcare.
„Ich wünsche allen Cis-Männern Zärtlichkeit! Aber wir haben noch viel Detox vor uns bis vielleicht irgendwann sexuelle Orientierungen und Identitäten wurscht geworden sein werden. Bis vielleicht irgendwann Menschen, Tiere und Pflanzen zur Community werden. Community! Ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste, Begriff in meiner Arbeit. Es gilt, nicht nach unten oder zu Seite zu treten, sondern die herrschende Klasse nachhaltig zu verunsichern. Meine Auftritte in Mainstream-Medien wie der Barbara-Karlich-Show versuchen eine Aufmerksamkeit zu schaffen für nicht-binäre Personen. Es geht um Repräsentation. Damit wir irgendwann endlich vorkommen in der Welt“.
Ein anderer von Möschl entworfener und gelebter Charakter heißt Mush Room. Ist ein Zwischenwesen aus Mensch, Alien und Pilz, kommt jedenfalls aus der Zukunft und hat mit restriktiven Konstruktionen nichts mehr zu tun. Deutlich utopischer als Eric big Clit, feiert Möschl anhand von Mush Room das Ende heteropatriarchaler Phantasien, die den Menschen als Zentrum des Universums ansehen. Und dann wäre da noch Mushido, klar adressiert gegen den Rapper Bushido, ein Charakter, der per Drag Rap sexistische Songtexte über-appropriiert.
Auf seine*ihre Situation als Künstler*in in Corona-Zeiten hin befragt, antwortet Möschl mit Mushido-Schnauze: „Nehmt ihnen die Sudoku-Hefte weg, dreht ihnen das Radio ab – Kunstproduktion ist kein Hobby. Kunst ist lebensnotwendig. Und immer schon politisch“.
Eric big Clit alias Alice Moe im KunstRaum Goethestrasse xtd. www.kunstraum.at/index.php/sattelt-die-pferde-ihr-herrscher-alice-moe