Sport als Mikrokosmos der Gesellschaft zeigt sehr plakativ das vorHERRschende Denken und Handeln. Obwohl Frauen seit Anbeginn des Fußballspiels als Zuseherinnen und Fans am Spielfeldrand standen und ihre Teams anfeuerten, werden sie weder in diesen Erzählungen noch ganz generell in der Geschichtsschreibung erwähnt. Eh klar, weil männliche Historiker immer den eingeengten Männerblick in die Welt bringen, wo Frauen keinen Platz finden, außer an der Seite ihres Ehemannes. Auch Archäologen konnten aus den Grabbeigaben in ihrer eindimensionalen Einfältigkeit nur die Schlüsse ziehen: Schmuck = Frau bzw. Waffen = Mann. Glücklicherweise gibt es mittlerweile DNA-Analysen, die nicht voreingenommen sind, bzw konnte durch DNA-Analysen festgestellt werden, dass auch weibliche Körper in Gräbern mit Waffen lagen. Erfrischenderweise gelangen immer mehr Wissenschafterinnen in entsprechende Positionen, um diese rein männlich geprägte Sichtweise neu zu zerlegen und neu zu konstruieren. Ebenso werden immer mehr Biographien geschrieben über Frauen, die Überdurchschnittliches leisteten, aber nie Anerkennung dafür erhielten. Das ist gut für ein stetig wachsendes Arsenal an diversen Rollenbildern für Kinder, junge Mädchen und Frauen. „If you can’t see it, you can’t be it“
Aber auch in der Durchschnittlichkeit des (Fußball-) Alltags wollen wir Frauen wahrgenommen werden als selbständige Wesen und nicht als Anhängsel des Freundes oder Ehemannes, wohlwollend mitgemeint im generischen Maskulinum der deutschen Sprache. Ja richtig gehört, wir Frauen schaffen den Weg ins Stadion alleine! Und der Grund unseres Erscheinens ist nicht uns einen Mann zu angeln, sondern unser Lieblingsteam anzufeuern, die Atmosphäre im Stadion zu genießen, FreundInnen zu treffen und eine gute Zeit zu haben. Wir wollen auch nicht pinkifiziert werden! Also echt, warum soll ich als Anhängerin eines Fußballvereins Merchandise-Artikel kaufen, die nicht in den Farben des Vereins gehalten sind?!! Welch gestörtes Frauenbild müssen Marketingverantwortliche haben, die allen Ernstes glauben, eine Frau möchte ihre Vereinszugehörigkeit mit Rosa ausdrücken?!
Die Vielfalt weiblicher Fußballfans, mit all ihren Leidenschaften, Problemen, Hoffnungen, Wünschen, Projekten, Netzwerken, Fanclubs …. steht im Fokus der Wanderausstellung „Fan.Tastic Females – Football Her.Story“, die Ende November in Linz gastiert. Die Ausstellung wurde konzipiert, entwickelt und umgesetzt von Mitgliedern des Netzwerks „Football Supporters Europe (FSE)“ und ist seit der Eröffnung im Hamburger FC St. Pauli Museum im September 2018 unterwegs in Europa.
Die Ausstellung zeigt Portraits von 78 weiblichen Fußballfans von Jung bis Alt aus 21 europäischen Ländern. Das Panorama der Darstellungen geht über die des Fußballfans hinaus und schließt verschiedene Rollen abseits des Fußballfeldes mit ein. Zu den Roll Ups, auf denen die Protagonistinnen dargestellt werden, gehören Videoclips, die über ein QR-Code gescannt am Smartphone zu sehen sind. Diese Codes gelten während der Ausstellungszeit in der jeweiligen Stadt und können zuhause nachgesehen werden.
Die Österreich-Tour der Ausstellung wird von FIN (Frauen im Fußball Netzwerk) in Innsbruck, Graz, Wien und Linz mit entsprechendem Rahmenprogramm organisiert. Vom 20.– 30. November stellt der Linzer KunstRaum Goethestrasse xtd seine Räumlichkeiten zur Verfügung, SKVrau und Arge TOR gestalten das abwechslungsreiche Rahmenprogramm. Am ersten Samstag erfreut uns die Sektion Menstruation mit ihren Erzählungen „Sex, Beer, Vaginas – We are the Vienna Rude Girrrls“ über das Fansein beim FC Vienna. Sie erzählt über ihre interne Vernetzung, verschiedene Projekte und über die Organisation des internationalen FIN Treffens in Wien 2017. Ganz besonders freut mich das Erscheinen von Almut Sülzle, Autorin der ethnographischen Studie im Fanblock: Fußball, Frauen, Männlichkeit, die sich auch hier in Linz dem Thema „Männlichkeit in Fanszenen, bezogen auf weibliche Fans“ widmet. Das Programm abrunden wird ein Film über weibliche Fußballfans, denen der Weg ins Stadion leider verwehrt bleibt. Den Abschluss am zweiten Samstag feiern wir mit mit einer grandiosen musikalischen One-Woman-Show.
Tipp: Fan.Tastic.Females – Football Her.Story
fan-tastic-females.org/index.php/de
Podcast mit Ausstellungsmacherinnen
rasenfunk.de/tribuenengespraech/26
Mi 20.–Sa 30. 11. 2019 in Linz im KunstRaum Goethestrasse xtd
Programm auf facebook www.facebook.com/FootballHerStory