Christoph Boxhofer hat sich Vodoo Jürgens in der gfk angeschaut und berichtet unter anderem über fehlende Idelatypen von gestern.
Schön ist sie schon, diese g’scherte Sprache vom Voodoo Jürgens. Der redet so, wie man als Provinzösterreicher gern hätte, dass die Wiener reden. Weil früher einmal, da war Wien halt schon besonders. Elegant, weil schirch. Und heute reden die Wiener eben anders als früher. Würde es nicht unzählige Leute aus unzähligen Kleinstädten in die große Metropole ziehen, die das G’scherte ein bisschen hochhalten, weil sie eh nicht anders können, dann wäre diesem Wienerischen, dem vom Wein und vom Tod, der Untergang ganz nahe.
„Ansa Woar“ nennt der Voodoo sein heuer erschienenes Album. Es handelt von tausendfach besungenen Beziehungssachen, vom Erwachsenwerden, vom Leben halt. Nichts Neues großteils, doch höchst charmant vorgetragen. So ist es unmöglich über Texte und Musik zu schreiben, weil die Freude darüber, dass sich jemand dieser Sprache bedient, dem Autor das Erwähnenswerte ist.
Mit einer klitzekleinen Ausnahme: Die erste Single „Heite grob ma Tote aus“ berührt, weil sie einen erinnert, wie sehr heute die Idealtypen von gestern fehlen. Weil halt ein jeder hier bei uns die Spitze von Maslows Pyramide entweder erklommen hat, oder halt meint, sie erreicht zu haben. Da seziert man sich dann selbst wie Sau, und bastelt an sich und dem Potential. Daraus entsteht dann in Summe ein Fassaden generierendes, gleich zurecht gemachtes Pack, dem man eben die Pest an den Hals wünscht, oder Zombies, auch wenn man selbst dazugehört. Um heutige Idealtypen zu entdecken fehlen uns zu oft Perspektive und Empathie. Da ist es wichtig, erinnert zu werden.
Das Klischee kann helfen. Der einfache, trunksüchtige, aus der Bahn geschmissene, Tschick fressende Espressostammgast hat nichts zu sagen, wenn er redet. Doch er redet in einer solch gleichgültigen Verachtung von allem und allen und sich selbst, dass man ihm stets entwaffnet entgegentritt. Schnell schimmert einem, dass nichts so ernst gegessen wird, wie gedacht.
Der Voodoo ist vom Vorwurf der Egozentrik sicherlich nicht freizusprechen, aber das ganze Gehabe mit der Frisur, den Fetzen und alldem Rundherum passt dann doch zu gut zu dieser inszenierten, verstorbenen Sprache. Eine gelungene Reanimation könnte man sagen. Oder aber die Zombieversion des Austropop. Den Autor hinterlässt das Musikstück mit der Sehnsucht nach etwas, das er erfahren hat, ohne dass es je existierte.