Die Referentin #33 - Beiträge der Ausgabe

Editorial

Die Referentin | Editorial, 30. August 2023
Die Referentin #33

Manchmal glaubt man ja, man hat geträumt, weil Dinge zu irrational und zu weltfremd klingen, um wahr zu sein. So etwa geschehen beim Nachrichtenhören auf Ö1, am 13. August. Dementsprechend fordert jetzt die Partei, die wir nicht nennen wollen, einen eigenen Linksextremismusbericht. Trotz irrational und weltfremd: leider keine Überraschung. Den besagten Linksextremismusbericht will sie, laut Standard-Bericht vom 15. August mit dem Titel „FPÖ fordert Bericht zu Linksextremismus – und will ihn selbst verfassen“, ja genau, selbst verfassen. Ups, jetzt haben wir den Namen der Partei doch genannt. Hintergrund des Ganzen: Es ist eine Reaktion darauf, dass die aktuelle Regierung zusätzlich zu den Verfassungsschutzberichten, die vom Bundesministerium für Inneres (konkret von der DSN, der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) ohnehin jährlich verfasst werden, wieder eigene Rechtsextremismusberichte installieren will (und wird). Und wenn man so im Verfassungsschutzbericht 2022 etwas schmökert, dann könnte man doch glatt meinen, dass ein eigener Rechtsextremismusbericht nicht ganz sinnlos ist. Stichwort Neonazismus, Neue Rechte, weit verzweigte Netzwerke mit ideologischem Hintergrund von White Supremacy bis Siege Culture. Hier ebenso nur wenige Stichworte aus dem Verfassungsschutzbericht: Waffendepots, detaillierte Anleitungen zum Bomben- und Waffenbau, Freundes- und Feindeslisten etc. Aber gut, nur ein paar Stichworte und leider so gar nichts Neues. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die beiden Links am Ende. Und sorry, FPÖ, dass Links Links heißen und nicht Rechts.

Wir leiten damit direkt über auf ein Interview, das im Zusammenhang mit der aktuellen afo-Ausstellung schee schiach entstanden ist: Georg Wilbertz widmete sich in seinem, von ihm kuratierten Teil der Ausstellung von schee schiach den neurechten Architekturtendenzen. Ja genau, das gibt’s auch. Aber eigentlich: Wen wundert’s. Der Eindruck, dass die Hakenkreuze, die sich neuerdings wieder im Schwimmbad tummeln, nicht aus dem Nichts kommen, sondern aus einem gezielt und rundum bearbeiteten Feld des Revisionismus, ist eigentlich mehr als naheliegend. Zitat in diesem Zusammenhang aus dem Verfassungsschutzbericht 2022, Kapitel Rechtsextremismus, Seite 15: Dementsprechend definiert sich dieser als: „die Befürwortung einer Diktatur, Islam- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Chauvinismus, Sozialdarwinismus, Rassis­mus“. Außerdem prägen „die Verharmlosung und Relativierung des Nationalsozialismus (mit dem Ziel des Revisionismus) das Weltbild rechtsextremer Ideologen und ideologisierter Gruppierungen/Bewegungen, Netzwerke, Szenen und Milieus.“ Hinter einer Ideologisierung eines oben angesprochenen architektonisch Schönen sind unter Umständen also die weit verzweigten Netzwerke eines „völkischen Nationalismus“ und dessen Ziel des Revisionismus nicht weit. Was ein solcher in unaussprechlichem Horror vor rund 80 Jahren angerichtet hat, wissen wir – und Silvana Steinbacher berichtet in diesem Zusammenhang über das Erinnerungsprojekt Linz erinnert, also über die Stelen, die an die Opfer des Holocausts erinnern.

Leider ist nun dieses Editorial schon voll geworden. Lieber wären wir detaillierter auf die erfreulicheren Inhalte der Referentin eingegangen – und die untergründigen Verzweigungen der Themen. So bleibt nur nochmal sehr kurz zusammenzufassen, was sich in diesem Heft unter anderem findet:

Am Cover: Ausschnitt des Werks Pieç/Five/Fünf von Monika Drożyńska +++ Im Heft: Spiritualität im soziologischen Blick von Conny Erber +++ Die Zukünfte von Time’s up als Buch, das Christian Wellmann gelesen hat +++ Über das Milieu Kino sowie das P.B.P.O. berichtet Ralf Petersen +++ Zwei mal afo-Ausstellung schee schiach: Wilbertz reflektiert, Hofmüller fragt nach +++ Silvana Steinbacher widmet sich den 22 Linzer Stelen und der Erinnerungskultur +++ Zwei neue Kolumnen: Linzer Leichtigkeiten und feministisch inkorrekt, sozusagen +++ Und natürlich mehr +++ Oh la la, die neue Referentin! +++ Die Referentin Nr. 33: Leider wieder gut geworden.

Soll heißen: Bitte selbst durchs Heft cruisen!

Und wer im Herbst auch im Verfassungsschutzbericht und in Richtung neuem Rechtsextremismusbericht schmökern will, dem seien die Links unten empfohlen.

Die Referentinnen, Tanja Brandmayr und Olivia Schütz
www.diereferentin.at

www.dsn.gv.at/501/files/VSB/VSB_2022_bf_12052023.pdf

www.derstandard.at/story/3000000182903/fpoe-fordert-bericht-zu-linksextremismus-und-will-ihn-selbst-verfassen

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