Die Referentin #14 - Beiträge der Ausgabe

It’s a Girrrl thing – Roller Derby

Andrea Winter | Kolumnen, 5. Dezember 2018
Die Referentin #14

Anfang November fanden die 2. Österreichischen Meisterinnenschaften im Roller Derby in Linz statt. Die Gastgeberinnen der Steelcity Rollers erkämpften sich in einem packenden Duell mit den Grazer Dust City Rollers (die haben noch mehr Feinstaubbelastung als die hiesige Stahlstadt!) den 3. Platz. Im Finale schlugen sich die Innsbruckerinnen Fearless Bruisers tapfer, konnten der Übermacht der Vienna Roller Derby aber kaum etwas dagegen halten. Die Wienerinnen, die auch international in den Wettkampf treten, gründeten sich, im Gegensatz zu den anderen Teams, bereits im Jahre 2011 und weisen daher mehr Erfahrung in Training und Wettkampf auf.

Bei der Vorstellung der einzelnen Finalspielerinnen mit ihren Nummern und Kampfnamen wie Blockwerk Orange, Lauretta Vendetta, zeigten die Tirolerinnen ihr Showtalent mit einer selbstironischen Choreografie zu einem Medley mit „Do you really wanna hurt me?—I am a survivor – Es lebe der Sport“. Eine gelungene Inszenierung, die für Lachen und Sympathie sorgte und grundlegende Elemente dieser Sportart an die Oberfläche brachte.

Alle haben ein Alter Ego, eine Superheldinnen-Identität, die mit viel Wortwitz und dem Spiel mit Rollenbildern und Klischees gebildet werden … Splatteronika, Bitch Buchanon, Freaka Kahlo, Daphne Diabolo, … dies gilt übrigens auch für die SchiedsrichterInnen – und ja richtig, abseits des Spielfeldes dürfen auch Männer mitwirken, wie z. B. Dread Vader.

Die Shownamen sind ein Relikt aus der Vergangenheit, als Roller Derby in den 60er und 70er Jahren sehr populär war in den USA, mit ähnlichem Showcharakter wie später Wrestling, und als Roller Derby Hallen mit bis zu 50.000 Menschen füllte und im Fernsehen übertragen wurde. Die Anfänge in den 30er Jahren gehen jedoch auf Rollschuhmarathons zurück (Distanz New York – L. A., auf der Rundbahn als Paar), in Anlehnung an Tanzmarathons, die vor und während der Großen Depression stattfanden.

Letztlich entwickelt hat sich die Sportart, wie wir sie jetzt kennen, mit und nach der Riot-Girrrl-Bewegung Ende der 90er. Die weiblichen Akteurinnen waren verbunden mit Punk, Third-Wave-Feminism und DIY und bestimmten neue Regeln, die für sie passten (und nicht für die Sportpromotoren) und veranstalteten eigene Wettkämpfe.

Mit der Gründung der London Rollergirls im Jahre 2006 schwappte die Begeisterung nach Europa über und hat sich vom einstigen Showsport zu einer athletischen queer-feministischen Frauen*domäne entwickelt. Dieser Lifestyle von starken Frauen ist komplett in Frauenhand und wird belohnt mit einer starken Gemeinschaft, die auch bei den ÖM in Linz spürbar war.

Eine Gemeinschaft, die Stärke gibt, Selbstvertrauen und Identität. Identität für so viele, die sich nicht in den vorherrschenden wenigen Rollenbilder unserer Gesellschaft finden oder sich irgendwo hineinpressen lassen wollen. Außerdem gibt es die Möglichkeit in einer positiven, kraftvollen Art und Weise aggressiv zu sein, die Frauen* sonst nicht bekommen. Das macht wohl auch den weltweiten Erfolg aus. Roller Derby ist die am stärksten wachsende Frauensportart. Ein Vollkontaktsport! Ein Vollkontaktsport, der vielen Frauen erlaubt, ihren Körper als kraftvoll zu erleben. Ein Vollkontaktsport, der zeigt, wie Frauen* eben sind – wild, bunt, stark, kreativ, schlau, lustig, federleicht bis massig, klein bis groß, …

Das Spiel mit Rollenverhalten und Klischees erkennt frau nicht nur im kreativen Merchandise, in den sehr unterschiedlichen Outfits, in Gesichtsbemalungen, sondern auch der Fangemeinde. So werden die Österreichischen Meisterinnen aus Wien von einer männliche Cheerleader Gruppe, den Fearleaders, unterstützt.

Abschließend einige wenige Informationen zum Spiel: Das Spiel am Feld besteht aus zwei Teams mit jeweils vier Blockerinnen und einer Jammerin (Stern am Helm), die beide jeweils ein Stück hinter den anderen starten. Sie müssen am „Pack“ vorbei, das sind jene, die einzeln oder gemeinsam blocken. Für jede überrundete, gegnerische Spielerin bekommt das Team einen Punkt. Gespielt wird 2 x 30 Minuten.

 

Support your local Roller Derby Club – als Spielerin, SponsorIn, Fan, HelferIn, …!

Steelcity Rollers
www.linzrollerderby.com

Andrea Winter
krawall-feministische SKVrau mit sportwissenschaftlichem Blick.
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