Die Referentin #6 - Beiträge der Ausgabe

Herbal Life – der große Kräutercheck.

The Slow Dude | Kolumnen, 1. Dezember 2016
Die Referentin #6
Slowdude, Originalfoto von Tim Reckmann (CC BY-SA 3.0)

Slowdude, Originalfoto von Tim Reckmann (CC BY-SA 3.0)

Hipster-Bobo-Kochbücher, Kochsendungen im TV und allerlei ExpertInnentipps in den verschiedensten Kanälen schwärmen von der Kraft der Kräuter, versprechen Vitalität und den ultimativen Geschmack. Saisonalität, Verfügbarkeit und Ursprung der Kräuter sind hier selten erwähnte Kriterien. Dies nimmt der Slowdude zum Anlass für eine Bestandsaufnahme über unser aller Herbal-Life – sowohl in der Gastronomie als auch in der privaten Küche.

Die 1-KG-Dose mit getrocknetem Majoran von Kotanyi im Regal der Wirtshausküche ist ein wohlbekanntes Bild. Diese hat oft schon Jahre am Buckel und beherbergt eine Mischung aus Kräuterstaub und flugtauglichen Lebewesen. Geschmack kommt da keiner mehr raus. Braucht es auch nicht. Denn der Geschmack kommt aus dem Fleisch – meistens jedenfalls – und so auch die Intention des Kochs oder der Köchin. Hingegen die unzähligen Lederlounge-Nussfurnier-Restaurants, die wie Pilze aus dem Boden schießen (man möge hier dem Slowdude den botanischen Vergleich verzeihen), mit Produkten wie Dry-Aged-Beef oder „Seafood“ im Angebot, bieten beim Großteil der Gerichte eine wahre Kräuteropulenz.

In Zubereitung und Dekoration. Da kommen Gerichte an „Waldmeister“, auf dem „Kräuterbett“ oder mit „grünem Koriandertopping“ auf den Tisch. Die ganz Mutigen machen auch vielleicht noch ein Eis – aus Basilikum – wow. Die gastronomische Mittelmäßigkeit hingegen wandelt in bewährter Weise mit Petersilie und Schnittlauch auf vermeintlich sicheren Pfaden. Doch Wirtshaus, Restaurant oder gastronomisches Tiefparterre eint eine seltsame Unfähigkeit: Kräuter vernünftig auf den Tisch zu bringen. Beispiel: Als liebloses Blatt auf der Zitrone zum Schnitzel, als krause Variante auf den Preiselbeeren, die wiederum auf die Dosenbirne gepatzt wurden, zum Wild oder als getrocknetes Etwas in der Suppe fristet die Petersilie ein armseliges Dasein. Vergeblich sucht man die raffinierte Verwendung in Salaten oder – wie in der nordafrikanischen Küche – als Hauptdarstellerin im Couscous-Salat. Und die Petersilie als Atemfrisch nach dem Essen kennt soundso niemand. Die chilligen Vorstadtrestaurants mit Beef und Hillinger Wein im Angebot haben zwar durch den weltweiten Gastrovertrieb immer Zugriff auf Kräuter, die schon über ein eigenes Vielfliegerkonto verfügen könnten, schaffen es aber auch nicht, die Weitgereisten frisch und adäquat aufs Teller zu packen. Fertig ist fertig – da hilft auch kein Eiswasser. Der Slowdude mäkelt – er weiß es. Aber wo nichts ist, ist nichts. Und weniger wäre mehr.

Im Privaten ist es auch nicht einfach. Die guten Märkte bieten natürlich nur passend zur Saison frische Ware an, das Fensterbrett liefert auch nicht immer das Benötigte und die Supermärkte verkaufen Plastikgebinde mit (Bio)Müll. Frische – zumindest in der kalten Jahreszeit – Fehlanzeige. Hier hilft: Sammeln. Am Wegesrand beim spätherbstlichen Spaziergang noch ein paar Büschel wilden Oregano gepflückt, beim Griff in den fremden Garten ein paar Salbeiblätter stibitzt und beim Besuch in Omas Garten Rosmarin „mitgehen lassen“ und das alles anschließend akkurat getrocknet. So einfach kommt man schon gut über den Winter. Als Tipp vom Slowdude zum Schluss. Ziemlich 80er. Aber ist ja privat und sieht ja keine/r: Sprossen. Selber ziehen. Sprossen vom scharfen Radieschen, von der guten Kresse, von Senfsaat, Rucola oder Bockshornklee sind idealer Ersatz für frische Kräuter im Herbst und Winter. Sprout it out loud!

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