PANGEA ist Erdbeben
Die Referentin #40
PANGEA, der Verein, der den Urkontinent im Namen trägt, feiert dieses Jahr 20-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass hat die Referentin Andreu Vall Portabella gebeten, einen Überblick über den Verein und seine Aktivitäten zu geben.
Trotz Kürzungen treffen sich donnerstags regelmäßig mehr als 20 Teilnehmer*innen beim Sprachcafé. Foto Rocío del Río Lorenzo
Es ist wieder Mai, während ich schreibe. Der Mai, von Blumen bedeckt1, beginnt mit einem Erdbeben. Ich gedenke immer, und besonders an diesen Tagen, der Opfer des KZ-Systems Mauthausen. Nicht schweigen. Darüber reden. Es ist notwendig. Daher werde ich versuchen, das Erdbeben jedes Mai-Anfangs, das der Erinnerung und der Gedenkfeiern, in diesem Schreiben umzusetzen. Weil es wichtig ist, und weil PANGEA auch beben will.
20 Jahre
„PANGEA. Werkstatt der Kulturen der Welt“ wurde seit 2005 als eigenständiger Linzer Verein geführt. Jedoch wurde PANGEA schon 2000 als Projekt des Kulturvereins MEDEA ins Leben gerufen. MEDEA wurde wiederum 1998 von der Sozialpädagogin und bildenden Künstlerin Andrea Reisinger gegründet. Auf Initiative der Aktivist*innen von „zuagroast“ – ein Projekt MEDEAs (die Aktivist*innen hatten Dank des Erhalts von mehreren Preisen, vor allem für Fotografie-Projekte, eine finanzielle Basis geschaffen), entstand die „Interkulturelle Medienwerkstätte PANGEA“, nach dem Urkontinent „Pangaea“ benannt. Mit alten, geschenkten Rechnern, Video- und Tonaufnahmegeräten, und viel ehrenamtlichem Engagement wurde eine Medienwerkstatt geschaffen, die von Jugendlichen unterschiedlicher kultureller Herkunft genutzt wurde.
Über 20 Jahre lang hat PANGEA zahlreiche Menschen kennengelernt, viele Alltage bereichert, unzählbare Begegnungen ermöglicht, in drei Wohnungen gelebt, und sich nach einem Zweck beziehungsweise nach einem Prinzip gerichtet: das positive Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, und die aktive Wendung gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung.
Alles in allem können wir die Geschichte des Vereins in zwei Hauptphasen gliedern: die oben erklärte „Interkulturelle Medienwerkstätte PANGEA“ von 2000 bis 2014, und dann „PANGEA. Werkstatt der Kulturen der Welt“ ab 2015.
Neben der Sanierung der PANGEA-Räumlichkeiten Anfang 2015 (damals Marienstraße 10; 2017 zogen wir in die Dinghoferstraße 21 um, und 2020 in die Volksfeststraße 23, der heutige Vereinssitz), wurde auch inhaltlich und visuell ein abgewandeltes und zeitgemäßes Konzept für PANGEA umgesetzt. Der Schwerpunkt von PANGEA hat sich ab dem Punkt etwas geändert, aber im Verein wurde und wird noch immer regelmäßig mit Tools wie Podcast, Radio2, Fotografie, Video3, Smartphones, Augmented Reality4, und vielem mehr gearbeitet.
Der Verein entwickelte 2017 ein neues Basisprogramm-Konzept, und zwar eins, das auf Veranstaltungsreihen, die wir „Formate“ nennen, basiert. Jedes Format bietet einen allgemeinen Rahmen, die Veranstaltungen darin finden regelmäßig statt und folgen thematisch einem roten Faden. Die Veranstaltungen bei PANGEA zeichnen sich sowohl durch Regelmäßigkeit als auch durch den offenen Zugang für alle aus.
Einige Formate hatten wir eigentlich schon vor 2017. Andere sind neu gedacht. Manche gibt es noch immer! Unser „Sprachcafé“ (einfach sprechen!) ist ohne Frage das bedeutendste Format. Es findet ununterbrochen seit mindestens 2011 einmal in der Woche statt. So heißt PANGEA willkommen. So entstehen Begegnung, Kennenlernen, Austausch. Und für PANGEA ist es das alles. Andere Formate waren und sind „Ich und ...“ (Workshops über starke Frauen*, 2016–2023), „Sofagespräche“ (Diskussionen über gesellschaftspolitische und soziale Themen, 2017–2020), „KunstFabrik“ und „KunstFabrik Intensiv“ (Workshops auf verschiedene Kunstformen fokussiert, 2017– Gegenwart) oder „Living Room Cinema“ (Kinoabend um Transkultur, Rassismus, Flucht, Gender, Feminismus und mehr, 2017–Gegenwart) – unter anderen.
Im Rahmen der Veranstaltungen greift PANGEA gesellschaftspolitische Anliegen auf. Auch die Bedürfnisse von Vereinsmitgliedern und Besucher*innen finden im Rahmen weiterer Formate Eingang in das Basisprogramm. Darüber hinaus initiiert PANGEA in unregelmäßigen Abständen und bei ausreichenden, zusätzlichen Fördermitteln größere Projekte, die es erlauben, den Fokus auf ausgewählte inhaltliche Themen zu legen und spezifische Zielgruppen zu erreichen.
Plakat vom Projekt „Act Against Racism“ (2006–2007). © PANGEA
Ausgeblutet
PANGEA kostet (wenig, trotzdem etwas) Geld: Fixkosten, Materialien, würdige Bedingungen sowohl für das sehr kleine Team als auch für die Künstler*innen, die gelegentlich mit uns arbeiten5, 6. Von Anfang an war die Finanzlage prekär7, 8, und sie ist in den letzten zwei Jahre besonders schwierig geworden. Um sachlich zu bleiben: 2024 wurde unsere Hauptförderung um 55 Prozent gekürzt; 2025 wurde diese Förderung komplett eingestellt. Wir laden euch ein, sämtliche Details in unserem vorigen Artikel „Widerstand zum Jubiläum!“ in der KUPFzeitung 193 zu erkunden.
Wir, der aktuelle Vorstand und das aktuelle Büroteam, haben nie um Spenden gebeten. Weil wir wissen, dass das für viele Teilnehmer*innen unmöglich ist. Auch weil der Beitrag von PANGEA an die Gesellschaft ein wesentlicher ist, der mit Fördergeldern unterstützt gehört. Leider müssen wir jetzt notfallbedingt diese Überzeugung beiseitelassen. Um die weitere Arbeit von PANGEA zu gewährleisten, bitten wir euch um Unterstützung. Informationen findet ihr am Ende des Textes.
Einfädeln. Feiern!
Wir lassen uns nicht verunsichern. Im Gegenteil. Gerade jetzt fädeln wir die Nadel mit dem Faden unseres Vorhabens ein9: Vom 2. bis zum 5. Juli 2025 feiern wir unser 20-jähriges Jubiläums-Festival! Wir laden Mitglieder, Teilnehmer*innen, Unterstützer*innen und Interessierte dazu ein, nicht nur mit uns zu feiern, sondern auch sich mit Kooperationen und Projekten der ersten 20 Jahre PANGEA kritisch auseinanderzusetzen. Markiert euch die Tage: vom 2. bis zum 5. Juli 2025!
Von 2005 bis 2025 und darüber hinaus: Die Schaffung von Begegnungsräumen für Zusammenhalt und Reflexion bleibt PANGEAs Anliegen. PANGEAs Engagement bleibt unverändert. Das 20-jährige Jubiläums-Festival wird diese Vorhaben widerspiegeln. Denn PANGEA ist Erdbeben.
1 Aus dem Gedicht „O maio“ von Manuel Curros Enríquez (1880) aus dem Galicischen frei übersetzt.
2 PANGEA (2022) „Reflect.Connect.Act”, pangea.at/de/programm/reflectconnectact-202122
3 PANGEA (2023) „Obdach.Wohnung.Nachbarschaft”, pangea.at/de/programm/own
4 PANGEA (2024) „Positionsbestimmung. Denken in neuen Kartografien”, pangea.at/de/programm/positionsbestimmung
5 Andreu Vall Portabella, Sanja Bajakić (2024), „Wie viel kostet PANGEA? Statement zur Förderkürzung”, pangea.at/de/ankuendigungen/2024/forderkurzung-2024
6 Text im Kollektiv vom Vorstand verfasst (2024), „Kürzungsmaßnahmen”, pangea.at/de/ankuendigungen
7 Andrea Mayer-Edoloeyi (2005), „Pangea – interkulturelle Medienwerkstätte”, in: KUPFzeitung 113/2005
8 Amra Racic (2005), „Gegründet um zu bleiben ...”, in: KUPFzeitung 113/2005
9 Aus dem Gedicht „Ara mateix“ von Miquel Martí i Pol (1981) aus dem Katalanischen frei übersetzt.
PANGEA feiert
20-jähriges Jubiläums-Festival von PANGEA, 2.–5. Juli 2025
Euch erwarten
ein Musikworkshop, der das lang erwartete PANGEA-Orchester einen Schritt näherbringen könnte,
das vollendete Super-Sprachcafé von den most valuable Sprachcafé players der letzten 20 Jahre begleitet,
eine Ausstellung, die über alle feministische und Frauen* Projekte des Vereins reflektiert, und
ein Stadtrundgang auf den Spuren des Vereins, von verschiedenen Generationen von PANGEA Mitmacher*innen begleitet und von
einem gemeinschaftlichen Fest gefolgt.
PANGEA bittet um Unterstützung
Wir nehmen sehr gerne:
Materielles: Finanzielle Spenden, aber nicht nur, sondern auch gesunde Snacks und Getränke, Künstler*innenbedarf, Büromaterial, Drucksponsoring und
Immaterielles: Begleitung von Veranstaltungen, Raumverwaltung, Lektorat, kaufmännische Unterstützung, Coaching und vieles mehr.
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Redaktionell geführte Veranstaltungstipps der Referentin