Drei Stunden hat er daran herumgewerkelt. Fast ist es fertig. Zwei Schrauben noch. Wo sind die Schrauben? Sauschrauben! Wo seid ihr?! Er sucht und flucht, aber fündig wird er nicht. Eine Wutader pulsiert auf seiner Stirn. Frucade. Er legt den Schraubenschlüssel aus seiner verschwitzten Hand auf den wackeligen Esstisch und geht zum Kühlschrank, nimmt sich eine 0,5 Liter Flasche und kühlt damit seinen Nacken, ehe er sie in einem Zug leert. Die Szene gäbe einen guten Werbespot ab, wenn er nicht blad wäre. In der Werbung findest du ja hauptsächlich Menschen, die von sich selbst sagen können, dass sie eine gute Masturbationsvorlage abgeben. Die Hornbach Werbespots bilden da eine Ausnahme. Obwohl, der Ai Weiwei ist erfolgreich, das macht bekanntlich auch geil. Nach der Aufnahme der flüssigen Zuckerbombe beruhigt er sich wieder. Das Objekt, an dessen Fertigstellung er durch den Fehler einer Maschine oder einer unterbezahlten Arbeitskraft gescheitert ist, wird von ihm mit einem großen schwarzen Müllsack abgedeckt, um es besser ignorieren zu können. Es ist für ihn an der Zeit sich zu entspannen. Gegen Stress hat bei ihm Pokémon noch immer am besten geholfen. Mit einem Level 86 Glurak ein Level 12 Taubsi wegfegen fühlt sich einfach gut an.
Elias Takacs
Wir stehen da wie aufgeregte Kinder, die gerade 50 verschiedene Ahornblätter gesammelt haben.
Amanda Burzic und Edgar Lessig über die im Oktober laufende Ausstellung Billy. Die Fragen zur Ausstellung und zum Regal hat die Referentin gestellt.
Billy ist der Titel der Ausstellung. Rosenholzstückchen formen den Namen am Plakat. Im Kurztext zur Ausstellung wird klar, dass es sich um Billy, das Regal handelt – und um einen Aufbau mit Schwierigkeiten. Was hat es mit dem Regal, das jeder kennt, auf sich?
EL: Das Billy-Regal ist ein simples, billiges und einfach aufzubauendes Regal und ist wahrscheinlich deshalb auch so berühmt geworden. Es fasst so viel zusammen, fast jede Person hat so ein Regal daheim stehen. Dort sind gesammelte Dinge drinnen, die alle gleich viel bedeuten. Das Regal verbindet sie miteinander, macht sie gleichwertig und plötzlich sehr intim.
AB: Es ist noch wichtig zu erwähnen, dass der Titel Billy dazu fungiert, die spezielle Intimität und den Witz der Ausstellung zu vermitteln. In der Ausstellung selbst wird kein Billy-Regal stehen. Matthias Tremmel wird eine Arbeit machen und darin die anderen Werke platzieren. Außer den skulpturalen Sitzmöbeln von Tina Graßegger und Alexandra Kahl. Unser kuratorischer Eingriff beschränkt sich also tatsächlich nur auf die Auswahl.
EL: Die Dinge im Regal sollen greifbar bleiben. Die gezeigten Kunstwerke brauchen eben keine weiße Galeriewand, die sie erhöht. Ich glaube, dass es nicht viele Arbeiten gibt, die sich in so einem Regal, mit Holzleisten und Plastikladen, beweisen können und dort immer noch ihre Intimität bewahren.
Billy als Titel hat ja auch etwas ungemein Persönliches. Vom „Du“ des gewissen Möbelhauses bis zu einem möglichen Billy als Person … Jedenfalls: Das Regal fasst in seinem Gebrauch oft Dinge zusammen, die so nicht unbedingt zusammengehören, kann quasi auch eine „unsaubere“ Sammlung abbilden. Diese persönliche Auswahl, die sich im Laufe der Zeit bildet, kann einem dafür umso teurer sein?
AB: Die Individualität, die der Titel vermittelt, ist ausschlaggebend in der Hinsicht, dass die Ausstellung nicht einfach eine Sammlung ist, sondern diese Auswahl eine Persönlichkeit bekommt. Die Auswahl wird zu einer subjektiven Auswahl. Wir haben Kunstwerke ausgesucht, die uns im Moment beschäftigen und gefallen.
EL: Es war uns aber auch ein Anliegen, Kunst auszuwählen, die in ihrer Machart sehr persönlich zu sein scheint, und so eine ganz bestimmte intime Qualität hat. Es stimmt, dass diese Dinge zusammengewürfelt wirken, aber nur äußerlich oder ästhetisch. Die Intimität der Arbeiten ist der rote Faden. Also willkürlich ist es dann doch wieder nicht.
Waren zuerst die KünstlerInnen und dann die Themen? Beziehungsweise: Was ist euch beim Ausstellungsmachen aktuell wichtig? Und: Wer oder was würde nicht in ein Billy-Regal passen?
AB: Bei unserer zweiten Ausstellung haben wir viel intensiver über das Thema gesprochen, bevor wir überhaupt einen Pool an möglichen Künstler*innen hatten, als bei der ersten. Generell läuft das bei uns aber parallel ab.
EL: In der Vorbereitung war auch unsere Einstellung zum Ausstellungsmachen sehr wichtig. Dass die Veredelung der Arbeiten durch einen Galerieraum momentan sehr überflüssig wirkt.
AB: Die einzige Möglichkeit, unserer Meinung nach, momentan eine Ausstellung zu machen, ist sich dieser Veredelung zu verweigern. Das Regal stellt keine Behauptungen auf. Wir stehen da wie aufgeregte Kinder, die gerade 50 verschiedene Ahornblätter gesammelt haben.
EL: Im Endeffekt passt alles in ein Billy-Regal. Wenn eine Arbeit gerade nicht in unser Regal passt, dann passt es in ein anderes. Wenn wir Billy ein halbes Jahr später machen, dann sind wieder andere Arbeiten dabei.
Arbeiten von euch beiden sind nun nicht in der Ausstellung zu finden. Wer seid ihr als KünstlerInnen? Woran arbeitet ihr, was treibt euch an?
AB: Neugierde, Humor und die Sprache in jeglicher Form. Ob sie nur als Metapher fungiert, als ein verblasstes Symbol oder als Witz. Wenn man mit einer Ehrlichkeit herangeht, kann man machen was man will. Das ist wahnsinnig frustrierend und gleichzeitig wahnsinnig erfüllend. Es gibt nicht viele Felder, in denen man angehalten ist, komplett ehrlich zu sein. Die Dinge, die ehrlich von mir kommen und ehrlich motiviert sind, sind die Dinge, die mir am meisten bedeuten.
EL: Ideen formulieren finde ich toll; und diese Ideen dann verweben zu können, wie man es woanders nicht machen könnte. Ohne alles genau erklären oder zu einem Ziel kommen zu müssen. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich sicher auch was anderes machen. Aber ich wollte Kunst machen, weil mich die Freiheit der Kunst angezogen hat. Als ich mich so richtig mit ihr beschäftigt habe, ist mir die Kunst wichtig geworden. Das treibt mich an, weiter zu machen.
Also mich würde dann noch euer Name interessieren: Wieso eigentlich Wanja Hack? Und ich will wissen: Was ist die Frage, die ihr euch im Zusammenhang mit Billy jeweils gegenseitig stellen würdet? Oder euch vielleicht sogar auch NIEMALS stellen würdet?
EL: An dem Namen ist spannend, dass die Person Wanja Hack unglaublich präsent ist, weil der ganze Kunstraum nach ihr benannt ist, und gleichzeitig total irrelevant, weil sie nicht existiert. Ich würde gern wissen, was in deinem privaten Billy-Regal steht.
AB: Eine täuschend echt aussehende Schwedenbombe aus Gips, eine Schatulle mit Streichholzschachteln, die ich sammle, und bis vor kurzem ein gerahmtes Porträt von Rihanna. Und bei dir?
EL: Ein Chili Con Carne „Höllenfeuer“, ein Shotglas mit Eierschalen und eine gerahmte Fotocollage vom Fußnagel-Pilz einer Freundin.
BILLY
Ausstellung
Eröffnung: 07. Okt.
Dauer: 08. – 21. Okt.
Kunstuniversität Linz
Hauptplatz 8
Wanja Hack
www.wanjahack.com