Die Referentin #9 - Beiträge der Ausgabe

Gastrojammern.

The Slow Dude | Kolumnen, 1. September 2017
Die Referentin #9

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Google sagt zum Würstelstand „Warmer Hans“: Dauerhaft geschlossen. Die Bewertung gibt 3,7 von 5 Sterne an – es gibt Abschiedsartikel in diversen Tageszeitungen, Beiträge im Lokalfernsehen zum Farewell und das stadteigene Wiki (1) widmet einen Eintrag.

ExillinzerInnen lechzten nach dem Ausgehen nach der Institution „Warmer Hans“ und BesucherInnen der Stadt wurden zu später Stunde zu einem Stelldichein genötigt.

Horden von japanischen Gästen verschlangen biergelenkt die fleischigen Produkte, Hooligans mit selbstgebrachtem Dosenbier sauten mit Käsekrainern herum und blasse, schlaksige Jünglinge und feiste Mädels holten sich nach der Tanzschule – noch in Verkleidung – die verlorenen Kalorien zurück. Die Rede ist von „Legende“, Kult und Institution. Ja, sogar die große Elisabeth T. Spira, die Indie-Regietante des deftigen (Amateur)-Sozialpornos, hatte auch ihren Dreh und menschelte, was das Zeug hielt, herum. Es wird gejammert. Der Untergang einer Kultstätte wird beweint und einhergehend auch gleich der Untergang von Österreich und der Verlust der großen, stolzen Leitkultur. Für den Slowdude war die versiffte Nische eigentlich immer ein abstoßender Ort: Räudiges Ambiente, aber eben nicht kultig genug, um cool zu sein. Oft schlechte – ja sehr schlechte Stimmung bis hin zu gelebter Aggression. Unfreundliches und abgestumpftes Personal – der Slowdude hat Berliner Ansprüche. Pro und Kontra des sozialen Faktors Würstelstand wurde eben am Beispiel „Warmer Hans“ genügend durchexerziert. Das viel wichtigere Element der Auseinandersetzung sollte natürlich der gastronomische Verlust von Pusztalaibchen, des „Bosnadings“ und der restlichen angebotenen Fleischausformungen sein.

Zuallererst, um es abzukürzen: Gott, dem gnädigen Herrn im Himmel sei es gedankt, dass diese grausige Fleischschwemme weg ist und nur mehr in Wort und Bild existiert. Die Erinnerung verklärt. Hoffentlich.

Der Slowdude hat einen Test, der die Qualität von Fastfood schonungslos ermittelt, entwickelt: Das zu testende Produkt kaufen, mit heim nehmen, kalt werden lassen und am nächsten Tag zuerst kalt und dann aufgewärmt verkosten. Beim Pusztalaibchen war dies aber nicht möglich. Hier war es sogar die Intention des Entwicklers: das Pusztalaibchen kann nur heiß und ab 2 Promille problemlos verzehrt werden – so glaubt der Slowdude. Genauso verhält es sich mit dem schrecklichen „Bosnadings“ in Schneckenform. Was da genau drinnen war, wollte und will Mensch nicht wissen. Besser so.

1 www.linzwiki.at/wiki/Warmer_Hans

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