Wir beginnen die teilweise Wiedereröffnung der Kultur und die teilweise Wiedereröffnung dieser Referentin (kleiner Scherz) mit einer Textminiatur über die charmanteste Kultur-Mimikry in der Stadt. In den vergangenen Monaten bot die Kunsthalle Linz im Rahmen ihrer Reihe Szene Panorama den hiesigen Kulturspaces „eine Plattform für Interventionen und Lebenszeichen“. Alle zwei Wochen gab es in den zwei Kunst-Kuben (jeweils einer am Hauptplatz und einer beim Salonschiff Florentine) bis Ende Mai „neue, großartige Ausstellungen jeweils von einem anderen Verein zu sehen“ (O-Ton Kunsthalle). Die letzten beiden Ausstellungen von Szene Panorama wurden von Salzamt sowie Kapu am 15. Mai eröffnet: Das Salzamt eröffnete zuerst die Saliera am Hauptplatz, neben den Kundgebungs-Ungeheuerlichkeiten einer Horde Corona-Leugner. Dabei kam es zu folgendem kleinen „Meinungsaustausch“ am Rande des Geschehens, sprich in der Nähe der Saliera-Kunsthalle, die wiederum in unmittelbarer Nähe zum Eingang der öffentlichen Toilettenanlagen im Rathaus platziert ist: Es näherte sich ein in eine Österreich-Flagge gehüllter Typ dem Rathaus-Klo. Jemand rief ihm nach: „Derfn die Nazis jetzt schon ins Rathaus?“. Seine Antwort: „Wos host gsogt?“. Nochmal dieselbe Frage: „Derfn die Nazis jetzt schon ins Rathaus?“. Seine Antwort: „Und i bin stoiz drauf“. Es gab übrigens ein paar Tage vorher, am 8. Mai, einen anderen Zwischenfall im Rahmen einer anderen „Kundgebung“: Dort wurde ein Mann von der Polizei mitgenommen, der die Meute als Nazis bezeichnet hatte. Er wurde mitgenommen. Nicht die Komiker. Am 8. Mai. Aber gut, mittlerweile werden Hitler-Reden von diesen „Mahnern“ abgespielt: Totaler Kurzschluss im Hirn. Sozusagen 5G-gaputt. Damit wechseln wir wieder zum 15. Mai und zur Eröffnung der zweiten Kunsthalle. Bei der Florentine unter den Bäumen. Prä-Gastgarten-Stimmung mit winzigen Bieren und Sektchens. Prä-Post-Corona-Kulturinseln am Urfahrmarktgelände, das selbst größeren Umgestaltungsplänen entgegenharrt.
Wir sehen am Cover den noch verhüllten Kubus der Kunsthalle. Unter dem schwarzen Stoff befand sich das Werk Afterhour der schönen Kapu-Artists. Es war wenige Minuten später eröffnet. Das Werk war bis Ende Mai exponiert. Wir applaudieren im Nachhinein – und wünschen uns mehr Kunsthallen-Schauen im Herbst.
Schließen wir mit einer Lieblingspassage aus der Projektbeschreibung zu Afterhour: „Der Spannungsbogen […] verleiht dieser Arbeit das Element der Ewigkeit mit Hinweis auf die Gratwanderung zwischen Art Brut und Brutalismus.“
Und wir gehen exemplarisch zu einem thematisch anderen Lieblingssatz in dieser Ausgabe: „Solidarität und Support unter Frauen ist wichtig, aber das nimmt uns nicht das Schleudertrauma, wenn wir regelmäßig mit dem Kopf gegen gläserne Decken krachen.“ (Lisa-Viktoria Niederberger)
Und wir weisen mit einem Lieblingstitel dieser Ausgabe – „Über die Gegenfröhlichkeit und die Gemeinschaft der Schreibenden“ (Andreas Pavlic) – auf die Gemeinschaft der Autor:innen dieser Ausgabe hin.
Lieblingsbild dieser Ausgabe: Der Filmstill aus dem Crossing-Trailer.
Countdown 5, 4, 3, 2, 1
Wie immer gute Sachen.
Tanja Brandmayr und Olivia Schütz