Wer sind wir?
Und wie wurden wir die, die wir sind?
Was ist in uns angelegt? Was ist durch Erziehung, Sozialisation und Gesellschaft weg- und hinzugekommen?
Wo stehen wir?
Und wovon träumen wir, wenn man uns fragt?
Die Welt bricht wieder einmal auseinander. Gerade lässt uns die Pandemie Zeit zum Verschnaufen, müssen wir uns in Europa mit einem Krieg auseinandersetzen – weil ein alter, weißer Diktator beschlossen hat, sein Aggressionspotential auszuleben.
Aber es geht in einem viel größeren Sinn um Demokratie, die wieder einmal verhandelt werden muss, verbunden mit vielen Rechten und Errungenschaften. In der allgemein aufgeheizten Stimmung werden etwa diejenigen Stimmen wieder laut, nicht nur in Russland, sondern z. B. auch in den republikanisch geführten Bundesstaaten der USA, die z. B. Abtreibungsrechte und Rechte für LGBTQ’s beschneiden möchten. Weil Krisen sind auch immer da, um bereits sicher geglaubte Rechte wieder rückgängig zu machen. Krisen sind da immer eine willkommene Rechtfertigung.
Die Pandemie hat uns das einmal mehr eindrücklich vor Augen geführt. Wie es auch um die Geschlechtergerechtigkeit in unserem Land bestellt ist. Bekannterweise sahen sich Frauen von einem Tag auf den anderen wieder in der Heimchen-am-Herd-Position. Kochen, putzen, waschen, Kinder betreuen, Hausaufgaben machen, von zu Hause arbeiten – ein Traum für alle Frauen. Doch Frauen haben seit Jahrhunderten um ihre Rechte gekämpft – und sollen, können und werden das Feld nicht (schon wieder) den Männern überlassen. Der Aufruf „Frauen aller Länder vereinigt euch“ mag dabei nicht neu sein und wegen der unterschiedlichen Lebensrealitäten dieser Frauen-Weltbevölkerung auch nicht ganz leicht umzusetzen, doch im Kern sollte es immer wieder um eine neu ausgerufene Solidarität zwischen Frauen gehen. Aber wie kann das in diesem Klassen-Race- und Gender-Umfang von „Frauen aller Länder“ ein Ansatz sein? Und wo fängt man da mit einem solidarischen Wir an? Ein solidarisches Wir, das weder Abstraktum noch Theorie bleibt, sondern aus unmittelbarer, diverser Erfahrung gespeist ist?
Wir – und das meint jetzt eine Herausgeberinnen-Gruppe von drei Frauen – haben jedenfalls einen anderen Weg als den männlichen einschlagen. Wir wollen uns, einfach gesagt, unser Leben so gestalten, wie wir es wollen und wie es uns Spaß macht. Und falls das ein wenig nach Pippi Langstrumpf klingen mag, geht es eben gerade nicht darum, jeden Tag ein Pferd hochstemmen zu müssen. Wir wollen auch nicht einen technischen Beruf erlernen, wenn uns das nicht taugt und wir wollen auch nicht 60 Wochenstunden arbeiten, um zu glauben, dass wir wichtig und unabkömmlich sind. Wir wollen nicht wie Männer sein müssen, um uns zu behaupten. Wir wollen einfach die Hälfte des Geldes, der Macht und der Positionen, die uns zustehen, eben weil wir die andere Hälfte der Menschheit sind. Und wir wollen einfach so sein wie wir sind. Das heißt auch, dass die andere Hälfte der sozialen Realität, das Sorgen um/für Andere, das Beziehungen am Laufen halten und das Freundschaften pflegen, nicht grundsätzlich vernachlässigt werden sollen. Und das ist es auch, was eine Gesellschaft ausmacht und von der sie lebt, und auch in Zukunft überleben wird können!
Für unsere Publikation female positions haben wir 10 Frauen gewinnen können, die mit uns ein Jahr lang über all die Probleme diskutiert haben, die uns und wahrscheinlich viele Frauen beschäftigen. Diese Frauen haben ihre ganz persönlichen Geschichten aufgeschrieben, um uns und andere daran teilhaben zu lassen. Nach dem Lesen der Texte ist uns (wieder) klar geworden, dass es nur darum gehen soll, uns selbst zu gefallen und uns wieder in erster Linie mit anderen Frauen zu solidarisieren – Solidarity, Sisters!
Durch diese Solidarität, durch das Miteinander der Frauen ist es möglich, die Gesellschaft zu verändern und zwar, indem wir zuallererst unser Leben so leben, wie wir es für richtig halten. Und auch wenn es banal und etwas naiv klingen mag: Die Gesellschaft wird sich dann einfach – und in aller Diversität – danach ausrichten müssen und dadurch verändern.
Wovon träumen wir?
Jahrelang haben wir mit dem Gedanken gespielt ein Buch zu machen. Wir haben hier einen feministischen Ansatz gewählt, der undogmatisch an direkten Erfahrungsbereichen und Expertisen ansetzt. Wir wollten Frauen als Autorinnen gewinnen, die wir sehr schätzen und bewundern. Die meisten, die wir angefragt haben, haben zugesagt. Und haben beim Schreiben zum Teil sehr gekämpft damit, ihre persönlichen Standpunkte in Texten zu verarbeiten.
Entstanden sind female positions.
Female positions erscheint am 22. 6. 22.
Die Kolumne female positions wurde verfasst von Daniela Banglmayr, Susanne Baumann und Sandra Hochholzer.