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Die Kapu und andere mindere Brüder.

By   /  1. März 2016  /  No Comments

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Gestern in der neuen Kapu-Bar. Wir sind seit dem Umbau zum ersten Mal dort, stellen fest, es schaut ein bisschen aus wie das Cafe Strom, wegen des Bodens, wegen der Holzmöbel, was weiß ich wegen was. Stell dir vor, es wären noch Pflanzen an der Decke, sagt eine von uns. Oder es wäre, wie im Cafe Strom, die Boltzmannformel an die Wand geschrieben (nur Insider wissen, dass es sich bei S = k log W um das geheime Betriebssystem der Stadtwerkstatt handelt). Das bringt uns mit ein paar Gedankensprüngen weiter auf die Idee: Überhaupt, wenn die Kapu-Bar eins zu eins dem Cafe Strom nachgebildet wäre, das wär’s eigentlich gewesen. Im Gleichen mal was komplett anderes kreieren! Und why not, es gibt immerhin den Künstler Thomas Demand, der aus der Erinnerung oder nach Fotografien Szenerien oder Orte im Original nachbaut, stellen wir fest.

Thomas Demand ist leider nicht für eine Befragung anwesend, dafür kommt der Sänger von Valina herein, und er stellt bei seinem Valina-Abschiedskonzert-Auftritt drei Tage später indirekt übrigens auch eine Verbindung zwischen den Lokalen her, indem er seine Lieblingsclubs der Stadt benennt, Stadtwerkstatt und Kapu – und wir sehen das, kurz gefasst, auf die Bars der beiden Häuser umgelegt, und falls Zweifel aufgetaucht sind, sowieso auch: Strom ist super, Kapu-Bar ist super. Und auch eh ganz anders, ja! – damit der Zeitsprung zurück zu diesem Abend. Die nächste, nennen wir es nassforsch: Celebrity, die an diesem Abend noch dazu unsere Nähe sucht: der gutgelaunte CEO vom NEXTCOMIC Festival. Um nicht vom Ewigselben des Ewiggestrigen zu reden, und weil es um die Nachbarschaften der Kapu geht, legen wir unseren Gesprächsfokus aber nicht auf den einen Nachbarn der Kapu, die Burschenschaft, sondern auf den anderen Nachbarn: die Kapuzinerkirche. Auch mal was anderes.

Wir erfahren Wunderliches: Die Innereien eines adeligen Theoretikers der Kriegskunst in der Gruft, mal ein black gospel chor, Flüchtlingsunterkunft im dazugehörigen Gebäude schon lange. Und dann erzählt der jetzt kopfschüttelnde Comicmann über die minderen Brüder der Kapuziner selbst, dass sie in ihrer traurigen Bescheidenheit nicht einmal zu merken scheinen, dass ihre Kirchturmuhr stehen geblieben ist. Was das für eine Kirche sein soll, die so etwas nicht bemerken will … eine Institution, die einst das Monopol auf die Zeit hatte, ergänzen und wiederholen wir eindringlich, will nicht bemerken, dass ihre Uhr stehen geblieben ist. Und er wieder: „Die Uhren bleiben stehen, die Bäume gehen ein, die Bienen suchen sich ein neues Volk, wirklich traurig“. Er oder die Kapu haben deshalb schon länger vor, den Brüdern einen Bausatz für eine Digitaluhr am Kirchenturm vor die Tür zu legen, sagt er! Ein schönes Projektvorhaben, auf jeden Fall wären wir für die Digitaluhr-Anzeige am Kirchenturm, bekräftigen wir! Wir kaprizieren uns auf die Frage, dass es interessant wäre zu wissen, wann genau diese Kirchturmuhr stehen geblieben ist, denn: Es stellt sich außerdem die viel radikalerer Frage, ob dieses Ignorieren der Zeit vielleicht nicht Verweigerung, stiller Protest der minderen Brüder zum Fortschritt selbst sei – denn das sichtbare Anbringen von Uhren auf weltlichen Gebäuden galt besonders in den dynamischen Zeiten der 1920er Jahre da oder dort als Zeichen für Fortschritt. Deshalb, um die neue Zeit und den Protest umfassender und aktueller einzuleiten, raten wir dann gleich zur Atomuhr, mit Digitalanzeige am Turm. Vielleicht bringt das ja besseren Fortschritt als den, der nach den 20er Jahren kam. Wir verzetteln uns etwas in allgemeineren Fragen zu Atomuhren, Relativität und Zeitsprüngen (zeitdilatations- und massenkontraktionsfrei? Superposition? Zuviel Mensch im technischen System?) um beim Hinausgehen aus der Kapu-Bar zu bemerken, dass die Kapuzinerbrüder zumindest nicht für billige Scherze zu haben sind – denn ihre Uhr steht immerhin nicht auf fünf vor zwölf, sondern ganz kryptisch genau auf Zwölf: Alpha gleich Omega, Anfang gleich Ende.

Wir warten also auf die Digitaluhr am Kirchenturm – als Kooperationsprojekt von Kapu und Kapuzinerkirche. Tourismusverwertbar, winwinwinwinwinwinwinwin-Situation garantiert. Oder auf eine neue Zeit. Oder konkreter: auf das NEXTCOMIC Festival, das unter anderem im März in der Kapu gespielt wird.

 

Gewinnfrage: Wer sind die beiden namenlosen Größen in der Kapu-Bar?
Namen mit dem Betreff „Kapu-Bar-Celebrities“ an diereferentin@servus.at schicken. Die ersten beiden ZusenderInnen gewinnen mit der richtigen Antwort je 25 Giblinge.

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