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Fem* goes F.I.S.T.

By   /  30. November 2023  /  No Comments

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Ja, es gibt einen neuen feministischen Verein in Linz. Entstanden aus einem alten. Die Referentin hat F.I.S.T. gebeten, sich vorzustellen und F.I.S.T. fragt sich zuerst: Wer sind wir noch gleich mal? Und: Ist die Faust mehr als die Summe ihrer Finger?

Ja, die Faust ist mehr als die Summe ihrer Finger. Foto Gero

Es gibt einen neuen feministischen Verein in Linz. Entstanden aus einem alten. Aber ganz neu jetzt. Nachdem die Gruppe „fem*goes kapu“ aufgelöst wurde, transformierte sie sich, begab sich auf neue Pfade, neue Wege, und vollbrachte großartige, formidable, unglaubliche, wunderbare … na warte mal, zurück zum Anfang: Wer sind wir noch gleich mal?

Ja genau, ursprünglich hießen wir „fem*goes kapu“. Wir fanden Feminismus ganz cool. Die KAPU auch. Und Feminismus in der KAPU, diese Idee fanden wir auch ganz superst. Wirklich gelungen ist uns das nicht, den ultraleiwanden feministischen Ansatz in diesen ultraleiwanden Kulturhaufen in der Kapuzinerstraße zu wetzen, und irgendwann haben wir uns das auch eingestanden und beschlossen, etwas Neues zu wagen. Kulturinstitutionsunabhängig. Quasi als Kulturinstitution an sich. Nur eben obdachlos kultivistisch. Frei. Ungebunden. Geil.

Call me by my name!
Aber: Wie findet man einen Namen für eine Gruppe, die sich gerade erst gefunden hat? Oder eben nun, aus alten Strukturen hinaus wandelnd, neu entsteht? Zugegeben: schwierig!
„Ohne queer im Namen geht nicht“, sagen die einen, „Können wir queer im Namen haben, wenn wir uns nicht alle als queer identifizieren?“, die anderen. Queerness, was bedeutet das eigentlich genau? Sind wir queer? Oder, um es in Nehammer’scher Manier zu betonen, „Bist du noch normal?“.
Was soll also alles rein in unseren neuen Namen? Intersektional vielleicht? Revolutionär? Aktionistisch?

Gut, dass es künstliche Intelligenz gibt. Die gestaltet die Namensfindung für uns dann doch etwas humoristischer und ausgelassener. Die KI ist nicht beleidigt, wenn man ihre Ideen scheiße findet. Was für eine Erleichterung. Schließlich landen wir dann, mit viel zu vielen Möglichkeiten in petto, durch eine Abstimmung bei folgendem Namen: F.I.S.T. (feminist intersectional society terror).

Klingt ja schon mal ganz gut, doch was an uns ist intersektional? Okay unsere Einstellung, sprich unser Zugang zu den Themen, wie wir die feministischen Problemfelder betrachten, vielleicht. Wir sehen sie nicht singulär durch die Anti-Sexismus-Brille, sondern versuchen, die Komplexität der Themen durch die Einbeziehung verschiedenster Diskriminierungsformen zu betrachten. Doch genau hier liegt unsere Schwäche, denn auch, wenn wir beim Thema Sexismus auf einen reichen Erfahrungsschatz innerhalb der Gruppe verweisen können, wird es etwa bei Rassismus schon schwieriger. Unsere Lösung heißt Kooperation. Wir haben bei gewissen Themenfeldern gewiss blinde Flecken, und es reicht eben nicht, sich auszuruhen und diese nicht zu behandeln, es gilt, sich zu verbünden und gemeinsam Themenfelder zu bearbeiten; und natürlich auch immer offen für Kritik zu sein, für Vorschläge zur Erweiterung unseres Selbstverständnisses. Auch hier die Frage: Wollen wir dieses genau ausformulieren? Sollten wir uns nicht erst einmal viel öfter treffen und verschiedene Sachverhalte diskutieren, bevor wir uns auf Vereinsziele und mögliche Veranstaltungen konzentrieren? Oder darf es dynamisch sein, mit der Zeit wachsen, entstehen, sich langsam mit uns formen?

Und was ist nun eigentlich mit Terror? Von „wirkmächtig“ bis „geht gar nicht“ sind wir in dieser Gruppe gespalten. Optional können wir also auch je nach Gusto mit dem Wort „Transformation“ enden, und so kennt uns nun auch die Vereinsbehörde, genauer unter „feministische intersektionale sozietäre Transformation“, denn ein rein englischer Vereinsname ist in Österreich nicht möglich, die Amtssprache ist Deutsch!! Jawohlll.

How to get feministly famous
Nun, nachdem wir uns neu entdeckt haben und uns ans Veranstalten machen wollen, bleiben nach wie vor viele Fragen offen: Was wollen wir überhaupt veranstalten? Soll es nur dabei bleiben, oder wollen wir auch aktionistisch und künstlerisch an die Öffentlichkeit treten? Müssen es immer vorgefundene Räume sein, oder kann und soll auch der öffentliche Raum von uns bespielt werden? Müssen es immer Vorträge und Workshops sein, oder darf auch einfach mal nur gefeiert und, ganz nach feministischer Manier, die Sau rausgelassen werden? Wie schaffen wir es überhaupt, an die Öffentlichkeit zu treten und für unsere Veranstaltungen zu begeistern? Der erste Reflex ist Instagram und genauso reflexartig die Abneigung gegenüber kommerziellen Social-Media-Plattformen. Schon wieder diese Uneinigkeit. Wollen wir Menschen bewusst zu unseren Veranstaltungen einladen oder wollen wir dafür Werbung machen und uns somit einer kapitalistischen Verwertungslogik hingeben? Und auch: Was bringen öffentliche Veranstaltungen, wenn die Öffentlichkeit davon nichts mitbekommt? Naja, alles mal nicht so hochkochen lassen, es gibt ja auch noch Inhalte. Vorerst werden wir also auf kommerzielle Social-Media-Plattformen verzichten und später darüber urteilen, ob uns das gelingen wird. We will see, or not … Es gibt ja auch noch Newsletterlisten. Die 2000er lassen grüßen.

fist@servus.at
social.servus.at/@fist

Was bleibt nun also von all dem? Achja, eine Gruppe! Oder doch ein Kollektiv, eine Plattform, ein obdachloser Verein? Ein radikaler Selbstfindungstrip einer Gruppe bestehend aus zu einsamen Feminist*innen mit kollektiver Sehnsucht angesichts unseres individualistischen Zeitalters? Destroy the Zeitgeist – get a community platform without selling yourself to a monitoring platform. Oder so ähnlich.

No particular place to go
Sang Chuck Berry einst, und auch wir fragen uns: Wo wollen wir hin? Wissen wir noch nicht, aber Google Maps wird uns sicher nicht hinführen. Dass uns bewusst ist, dass wir blinde Flecken haben, hat den Vorteil, dass wir Themen behandeln können, ohne Expert*innen dafür zu sein. Die ewig gleichen Debatten rund ums Gendern im Deutschen etwa sind schon längst langweilig geworden, trotzdem sind wir neugierig, wie in unterschiedlichen anderen Sprachen mit Pronomen umgegangen wird. Können wir etwas davon lernen? Dazu müssen wir „nur“ passende Kooperationen eingehen und ein geeignetes Format finden. So wie unser Name aus einer von KI generierten Zusammensetzung einzelner Worte entstanden ist, die doch einen Sinn ergeben, stellen wir weiterhin Themen, Fragestellungen, Diskussionen, Stichworte nebeneinander und schauen, wo sie sich kreuzen, wie sie sich gegenseitig befragen und befruchten könnten. Intersektional bedeutet ja, auf die Kreuzungen, Verwicklungen, Verwirrungen zu schauen. Es gibt so viel, das wir nicht wissen, aber wir wissen doch, dass andere mehr wissen könnten. Wer sind sie? Wo sind sie und wie können wir Kontakte knüpfen? Im Gegensatz zur herkömmlichen Auflistung der selbstoptimierten Leistungen macht es terroristisch viel Spaß, aufzulisten, worauf wir neugierig sind. Und die Liste wird immer länger.

Mit wem wollen wir kooperieren? Welche Räume gibt es in Linz, in denen wir uns aufhalten wollen? Es ist nicht unmöglich, sich von der Provinz überraschen zu lassen. Wir befinden uns auf einer Reise, die wir so nicht vorgesehen hätten. Wir sind schon off the map!

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  • Published: 11 Monaten ago on 30. November 2023
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  • Last Modified: November 30, 2023 @ 5:14 pm
  • Filed Under: Kunst und Kultur

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sind in diesem Fall der Textautor*innenschaft Sarah, Aileen und Gero.

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