Der Dude möchte das Haus nicht verlassen. Der Dude möchte beliefert werden. Darum eine schnelle und korrekte Suche auf Duckduckgo und schon werden ihm zwei Lieferdienste kredenzt: Lieferando und Mjam. Die kennt er eigentlich nur von der negativen Berichterstattung aus den Mainstreammedien und von beherzten Ausweichsprüngen auf der Straße, wenn lässige ZustellerInnen mit bizarren Rucksäcken etwas zu zügig an ihm vorbeirattern. Dass die Arbeitsbedingungen der FahrerInnen letztklassig sind, die Unternehmen aktiv eine gewerkschaftliche bzw. betriebsrätliche Organisation zu unterbinden versuchen und der Job hart und gefährlich ist, sollte ja hinlänglich bekannt sein.
Im letzten Jahr ist die Nachfrage nach Essen per Lieferdienst pandemiebedingt stark gestiegen – verständlicherweise – da besonders für Menschen, die ihren Haushalt nicht verlassen wollen (oder können) hier die Möglichkeit haben, zumindest teilweise etwas Abwechslung in ihren Speiseplan zu bringen. Zumindest auf dem Papier. An sich ist die Zustellung per Veloziped lobenswert. Hier sieht der Dude eindeutig die positive Seite. Anders hingegen stellt sich dann ein genauerer Blick auf das Angebot dar. Dies ist natürlich nur ein virtuelles Abbild des Angebots in der Stadt, wird aber dennoch auch durch werbliche Tricks, Bewertungsmatrixen und Datenanalyse verstärkt und sicher auch verfälscht. So wird dem Dude gleich beim ersten Ansurfen der Lieferando-Website der Laden mit dem gelben M vorgeschlagen. Mindestbestellwert 10 Euro. Der Slow-Dude überlegt die Anschaffung von 20 Apfeltaschen, verwirft die Idee aber wieder und schmökert weiter. Übrigens im Head-to-Head-Vergleich ist McDonalds bei Mjam fast gleichauf. Wird dem Dude dort auf Platz 2 angeboten. Bemerkenswert ist, dass Mjam die Hausnummer zur Suchabfrage benötigt. So wie Billa die Postleitzahl vom Dude will, wenn er einen Liter Milch benötigt. Mjam schafft es so, in beide Richtungen Produkte zu generieren. Dienstleistung und Datamining und natürlich die Quersumme daraus. Kompliment.
Der Dude hat aber jetzt schon Hunger. Bei den ganzen wunderbaren Abbildungen der feilgebotenen Schmankerln. Also, das Gustieren geht weiter und der Dude entdeckt lauter alte Bekannte aus der lokalen Gastroszene. Eigentlich das „Who is Who“ des „Worst-Off“. Nun möchte der Dude in diesen schweren Zeiten nicht einzelne kleine Anbieter nennen – die waren zwar schon vorher schlecht – aber das gehört sich trotzdem nicht. Genannt werden dürfen aber, ob ihrer Marktgröße, der schlechten Qualität und des horriblen Geschmacks wegen: Subway, Pizzamann und Vapiano. Eigentlich ist es eine Ansammlung von Küchen, die halbwegs bei sich seiende KonsumentInnen auch in „normalen Zeiten“ meiden sollten.
Darum wieder mal der Aufruf des Dudes, die Wirtin und den Wirt seines Vertrauens anzurufen, anzumailen oder virtuell zu besuchen und sich nach Click-and-Collect-Möglichkeiten erkundigen. Viele bieten dieses Service an, und die ganz Schlauen unter ihnen adaptieren ihr Angebot so, dass die Speisen auch die Abholzeit und Transporte gut überstehen oder sich gut aufwärmen lassen. Spannenderweise ist das Lieferangebot von Lieferando und Mjam ja meist mit Produkten ausgestattet, welche eigentlich nur frisch aus der Küche ihre beste Wirkung entfalten: Pizza, Burger oder Schnitzel. Wobei, wenn diese Gerichte von den oben genannten Unternehmen zubereitet werden, sind Temperatur und Alter meist egal.
Das Fazit: Wenn bei Mjam und Lieferando schon bestellt werden muss: Ein üppiges Trinkgeld für die Fahrerin oder den Fahrer. In bar. Noch besser: Kurze Recherche, welches Lokal eine Abholmöglichkeit bietet. So kommt man raus und sieht kurz seine liebsten Wirtsleut.