Editorial
Die Referentin #40
Wie man weiß, ist die Referentin ein Kunst- und Kulturmedium, das sich auch für Politik und Gesellschaft interessiert. Und hin und wieder zitieren wir ja gern im Editorial. Deshalb nun einige Stellungnahmen und Kommentare der anderen.
Wir haben ja unseren Augen nicht getraut, als wir am 27. Mai in einer Pressemeldung der Linzer Gemeinderätin und Integrationssprecherin der Grünen, Abena Carty-Pinner gelesen haben: „Rassismus-Vorwürfe in Selbstverteidigungskurs machen fassungslos und müssen vom Sicherheitsstadtrat umgehend aufgeklärt werden.“ Weiter liest sich das so: „Von einer unfassbaren rassistischen Entgleisung eines Kursleiters bei einem Selbstverteidigungskurs, der über das Sicherheitsressort von Stadtrat Michael Raml angeboten worden ist, berichten nun Personen, die daran teilgenommen haben. Ihnen zufolge hat der Trainer die Sätze ‚Ich nehme an, ihr seid hier, damit ihr euch gegen Asylanten verteidigen könnt’ und ‚Jeder würgt anders, und wenn dann zum Beispiel ein Tschetschene aus dem Kriegsgebiet kommt, der würgt mit einem Drahtseil‘ ausgesprochen. Ein entsprechendes Mail, in dem der Vorfall dokumentiert ist, ist an mehrere Stadtregierungsmitglieder – darunter auch an Sicherheitsstadtrat Raml – gegangen.“ Ja, dies macht fassungslos. Aufklärung ist dringend angesagt. Und die Botschaft sollte klar sein, wie Gemeinderätin Carty-Pinner in der Presseaussendung zitiert wird. „Fremdenfeindlichkeit darf in Linz keinen Platz haben und in keiner Weise akzeptiert und geduldet werden. Rassistische Hetzparolen, egal wo und in welchem Rahmen sie getätigt werden, müssen Konsequenzen haben und dürfen nicht achselzuckend abgetan werden. Wir müssen uns als gesamte Gesellschaft jeden Tag dafür einsetzen, dass Diskriminierung, Hass und Hetze endlich der Vergangenheit angehören“.
Viele reden ja vom neuen Faschismus, von einer Wiederkehr des Rechtsextremismus. Und Leser:innen der Referentin, und natürlich auch der Versorgerin, wissen mehr als in- und auswendig, wie ernst es uns damit ist. Dennoch ist es umso wichtiger, die neuen Machtmodelle zu analysieren, die unverhohlen noch eine Ebene darunter die demokratischen Grundwerte zerstören. Wir zitieren hier den Kulturtheoretiker Felix Stalder, er schriebt in einem Post auf der Mailingliste nettime im März 2025: „Innenpolitisch sehen wir, zumindest in den USA, die Herausbildung eines neuen Modells. Viele nennen es faschistisch. Ich bin nicht davon überzeugt, dass dies eine nützliche Analogie ist“. Er spricht vielmehr – weltweit gesehen – von einer Mischung aus Kapitalismus und neuem Feudalismus und von „(…) autoritären Gesellschaften, in denen eine kleine Gruppe von Menschen enormen Reichtum genießt, während die Mehrheit in einem Zustand prekärer Abhängigkeit (…) oder extremer Ausbeutung lebt und nicht einmal die Grundrechte besitzt. Außerdem handelt es sich um Gesellschaften, die sozial extrem konservativ, patriarchalisch und rassistisch sind, während sie eine technologische Hypermodernität anstreben. Sie sind nicht gerade isolationistisch, aber auch nicht offen in einem liberalen Sinne. Diese Mischung aus Kapitalismus und Feudalismus passt auch gut zu einer Analyse des Technofeudalismus, der eine der wichtigsten sozialen Grundlagen für dieses Modell ist.“ An dieser Stelle einfach ein Verweis, um an anderer Stelle weiterzulesen.
Und, vielleicht ein zu großer Gedankensprung, aber irgendwie aufgeschlagen auf dem Boden der systemisch total-Prekarisierten – und außerdem, um etwas zu zitieren, das wir immer schon mal im Editorial zitieren wollte: Diejenigen Spams, die in einem ewig ununterbrochenen Strom der Dummheit an die Imbezilen des World Wide Webs gerichtet sind, an diejenigen, die selbst das sinnloseste übergroße Glück wie eine Krebskrankheit annehmen: „Ich bin Frau Judith Parker und schreibe Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass die Vereinten Nationen, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank vorgeschlagen haben, Sie mit einer Summe von 2.500.000,00 € zu entschädigen. Ihre E-Mail-Adresse gehört zu denjenigen, die uns zur sofortigen Entschädigung übermittelt wurden.“ Entschädigung. Genau.
Zumindest heimeligen Trost für so viel zirkulierende Blödheit spenden da die Rezepte unseres Kolumnisten Slow Dude, der sonst seinen Kochlöffel schwingt, um die kulinarischen Stümper im Land auf strenge, aber dennoch liebevolle Art in ihre Schranken zu verweisen. Diesmal hat er aber fast schon Tipps mit Care-Aspekt in petto: Rezepte zur Resilienz und Disruption, um zumindest am Teller mit Zufriedenheit zu framen.
Auch die Redaktion baut in Zukunft ihrem Gulasch einen Rahmen.
An dieser Stelle das Editorial zu Ende geframed haben –
die Referentinnen,
Tanja Brandmayr und Olivia Schütz
Redaktionell geführte Veranstaltungstipps der Referentin